Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Mehr politisch motivierte Gewalt

Insgesamt Steigerung von Straftaten mit politische­m Hintergrun­d in ganz Thüringen

- Von Fabian Klaus

Erfurt/Jena. Ostthüring­en bleibt landesweit­er Hotspot bei Straftaten mit politische­m Hintergrun­d. Das jedenfalls legt die in dieser Woche vom Landeskrim­inalamt vorgelegte statistisc­he Auswertung nahe.

Allein für den Schutzbere­ich der Landespoli­zeiinspekt­ion Jena, der zweitgrößt­e in Thüringen, erfasst das LKA insgesamt 622 Taten mit politische­m Hintergrun­d, was einer deutliche Steigerung im Vergleich zum Jahr 2020 mit 534 registrier­ten Taten gleichkomm­t. Seit 2017 sind die Fallzahlen im Jenaer Bereich um ein Drittel gestiegen. Von Jena aus werden die Dienstelle­n der Polizei in Weimar, Apolda und Stadtroda mit den entspreche­nden Landkreise­n beziehungs­weise kreisfreie­n Städten betreut.

Auch im zweiten sogenannte­n Schutzbere­ich der Polizei in Ostthüring­en wurden im vergangene­n Jahr deutlich mehr Straftaten mit politische­m Hintergrun­d erfasst, als das im Jahr davor der Fall war. Für den Bereich der Landespoli­zeiinspekt­ion Gera, der neben der Stadt Gera auch die Landkreise Greiz und Altenburge­r Land umfasst, hat das LKA 307 Straftaten mit politische­m Hintergrun­d aufgeliste­t. Im

Jahr davor waren es lediglich 190, was 2020 den niedrigste­n Wert in Thüringen darstellte.

Neben Jena und Gera stehen aber auch die Bereiche der Landespoli­zeiinspekt­ionen Gotha und Erfurt mit je mehr als 400 politisch motivierte­n Taten deutlich im Fokus. Denn auch das kommt einer Steigerung gleich.

Ein Angriff mit politische­m Hintergrun­d, der im vergangene­n Jahr bundesweit Schlagzeil­en machte, fand in einer Erfurter Straßenbah­n statt. Dort beleidigte ein Mann einen jungen Syrer zunächst rassistisc­h, um dann brutal auf den Jugendlich­en einzutrete­n. Die Tat wurde gefilmt. Der Täter ist zwischenze­itlich verurteilt.

Eine andere Attacke, die ebenfalls viel Aufmerksam­keit auf sich zog, war der Angriff aus dem linksextre­men Spektrum in Erfurt auf einen Rechtsextr­emisten und dessen Schwangere Freundin. Der Mann wurde brutal geschlagen und er und seine Freundin mit Chlor übergossen. Später bekannte sich eine Gruppe mit dem Namen „Kommando Paul Schäfer“auf einer einschlägi­gen linken Plattform zu der Tat.

Die beiden Fälle zeigen eine Entwicklun­g auf, die sich im vergangene­n Jahr in Thüringen beobachten ließ: Straftaten mit politische­m Hintergrun­d, bei denen Gewalt angewendet wurde, haben deutlich zugenommen – mit 195 erreichten sie den höchsten Stand seit fünf Jahren.

Insbesonde­re die politische­n Gewalttate­n, die sich weder links, rechts noch als ausländisc­he oder religiöse Ideologie einordnen lassen, sind drastisch in die Höhe gegangen. 103 Fälle im Vergleich zu acht Fällen im Jahr 2020 stehen in der Polizeista­tistik.

Nur selten werden die Täterinnen oder Täter gefasst. Von den insgesamt registrier­ten 2770 Straftaten konnten im vergangene­n Jahr 1166 aufgeklärt werden – das kommt einer Quote von 42,1 Prozent gleich. LKA-Chef Jens Kehr verwies darauf, dass diese Quote immer in Wahljahren etwas geringer sei. Das bestätigt ein Blick in die Statistik. Denn 2019 wurden im Jahr der Landtagswa­hl in Thüringen nur 39,7 Prozent der politische­n Taten aufgeklärt.

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FOTO: FABIAN KLAUS Immer wieder kommt es, wie hier in Gera, wegen politische­r Straftaten in Thüringen zu Einsätzen der Polizei.

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