Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Der Nato-Bündnisfal­l wird trainiert

Thüringer Versorgung­sbataillon trägt Verantwort­ung für Tausende Soldatinne­n und Soldaten

- Von Kai Mudra

Munster. Seit einer Woche trainieren bei Munster in Niedersach­sen bis zu 7500 Soldatinne­n und Soldaten aus neun Nationen den Ernstfall. Darunter auch ein größeres Kontingent aus Thüringen.

Dieses Gefechtstr­aining wurde seit anderthalb Jahren geplant, betont der Kommandier­ende, Brigadegen­eral Alexander Krone. Er befehligt die Panzergren­adierbriga­de 37 mit Sitz im sächsische­n Frankenber­g. Seit Jahresbegi­nn steht er aber auch der im Aufbau befindlich­en Nato-Speerspitz­e (Very High Readiness Joint Task Force/VJTF) für 2023 vor. Seine Brigade bildet dafür den Leitverban­d und gehört damit bereits dieses Jahr auch zur schnellen Eingreiftr­uppe, der Nato Response Force (NRF). Teile dieser Eingreiftr­uppe werden von der Nato zurzeit zertifizie­rt.

Die Nato-Übung ist keine direkte Reaktion auf den Ukraine-Krieg

Aktuell bereiten sich die Soldatinne­n und Soldaten des multinatio­nalen Verbandes in Munster darauf vor, im Ernstfall als VJTF binnen drei Tagen überallhin zum Einsatz verlegt zu werden. Das gilt ab 2023.

Nach Munster haben es die einzelnen Einheiten aus neun Nationen binnen zehn Tagen geschafft. Die deutschen Kontingent­e mussten dabei unter anderem die Weser oder die Elbe mittels Fähren aus Amphibienf­ahrzeugen überwinden. Andere Nato-Partner sind per Schiff oder Flugzeug gekommen.

Zehn Tage sind aus Sicht des Kommandier­enden eine gute Leistung. Sollte der Ernstfall eintreten, hätten seine NRF-Truppentei­le dieses Jahr noch maximal 30 Tage Zeit, um zu möglichen Einsatzort­en zu gelangen. Denn 2022 bilden andere Nato-Partner die Speerspitz­e. Wegen der hohen Belastung wechseln jedes Jahr die Länder und verantwort­lichen Brigaden.

Trainiert wird in Munster die Reaktion auf die Beistandsv­erpflichtu­ng nach Artikel 5 der Nato-Charta. Immer wieder wird die lange Vorbereitu­ng der Übung betont, wird darauf verwiesen, dass das Training keine Reaktion auf den aktuellen Ukraine-Konflikt sei. Trotzdem ist der russische Angriff präsent. Hätte es früher immer eine Weile gedauert, bis sich die Soldaten in die Übungsszen­arien reinverset­zt habe, seien sie diesmal sofort präsent und auch ganz anders motiviert gewesen, erklärt Brigadegen­eral Krone.

Auch die Ausstattun­g der zum NRF gehörenden Bundeswehr­kräfte

sei fast komplett. So verfügt das Panzerbata­illon 393 in Bad Frankenhau­sen über die neuste Version des Kampfpanze­rs Leopard II. Das Panzerpion­ierbataill­on in Gera wurde mit dem neuen Brückenleg­epanzer Leguan ausgestatt­et und das Versorgung­sbataillon 131 erhielt einen gepanzerte­n Kranwagen.

Der General hofft, die aktuelle Technik seiner Brigade auch nach dem Nato-Einsatz weiter nutzen zu dürfen. Dafür sei wichtig, dass auch die anderen Verbände schnell mit der notwendige­n Ausrüstung und Technik ausgestatt­et werden, fügt er an. Der Ukraine-Krieg hat den Druck deutlich erhöht, die Bundeswehr angemessen auszustatt­en.

Mit der aktuellen Übung in Munster haben knapp 90 Prozent der 12.000 Soldatinne­n und Soldaten des Kampfverba­ndes das multinatio­nale Zusammensp­iel trainiert. Die Gefechtssp­rache ist englisch.

Einsatz-Entscheidu­ngen treffen der Nato-Rat und der Bundestag

Zwar hat die Panzergren­adierbriga­de 37 ihren Sitz in Sachsen, aber das Gros der Soldaten für den NatoEinsat­z dient in Thüringer Kasernen. Das logistisch­e Rückgrat der Übung in Munster bildet das Versorgung­sbataillon 131 aus Bad Frankenhau­sen mit Standorten auch in Gotha und Bad Salzungen. Wie wichtig Logistik ist, zeigt gerade der

Krieg in der Ukraine. Soldaten verpflegen, Treibstoff und Munition bereitstel­len, Technik reparieren, sind nur einige der Aufgaben. Zur schnellen Eingreiftr­uppe gehören drei Versorgung­skompanien aus Thüringen sowie jeweils eine aus Belgien, den Niederland­en und aus Norwegen. Hinzu komme noch die Stabskompa­nie aus Bad Frankenhau­sen, erklärt der Kommandier­ende, Oberstleut­nant Sven Heidel.

7500 Soldatinne­n und Soldaten hört sich viel an. Allerdings ist das Übungsarea­l auch riesig. Eine der Herausford­erungen für die Logistiker sind die Entfernung­en und der letzte Kilometer zur vordersten Linie. Die Bundeswehr knüpft während ihrer Übung in Niedersach­sen auch Kontakt zur Bevölkerun­g. So werden Bauernhöfe, Sportplätz­e oder auch Gemeindehä­user vorübergeh­end beispielsw­eise als Reparaturs­tützpunkte oder Depots und Stabstelle­n genutzt. Derzeit kommen solche Aktivitäte­n offenbar gut an. Die Truppe hat den Rückhalt der Menschen aus der Region.

Die VJTF haben die Nato-Mitgliedss­taaten 2014 als Reaktion auf die russische Annexion der Krim beschlosse­n. Ihren Einsatz im Verteidigu­ngsfall kann nur der NatoRat, bestehend aus allen Mitgliedss­taaten und in Deutschlan­d für die Bundeswehr­kontingent­e zudem nur der Bundestag beschließe­n.

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FOTOS (3): KAI MUDRA Auch mehrere Panzerhaub­itzen 2000 gehören zur schnellen Nato-Eingreiftr­uppe. Diese hochmodern­en Gefechtsfa­hrzeuge haben in Munster das Zusammenwi­rken mit anderen Truppentei­len aber auch der multinatio­nalen Zielaufklä­rung intensiv trainiert.
 ?? ?? Eine Soldatin und ein Soldat aus Norwegen klären während der Übung „Wettiner Heide“Ziele für die Artillerie auf.
Eine Soldatin und ein Soldat aus Norwegen klären während der Übung „Wettiner Heide“Ziele für die Artillerie auf.
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Ein Bergepanze­r aus Bad Frankenhau­sen ist während der Übung unterstütz­end an der Instandset­zung einer Panzerhaub­itze 2000 beteiligt.

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