Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
„Grunderbe ist eine spannende Idee“
Ostbeauftragter Schneider über den Ukraine-Krieg – und neue Instrumente gegen Ungleichheit
Die ostdeutschen Länder wären von einem Öl-Embargo besonders betroffen. Die beiden Raffinerien in Leuna bei Halle und in Schwedt nahe der polnischen Grenze sind nicht mit dem westdeutschen Pipeline-Netz verbunden. Es zeigt sich, dass die Privatisierung dieser Infrastruktur ein Fehler war. Es sind Oligopolstrukturen entstanden, die nicht hinnehmbar sind für einen modernen Staat, der sich unabhängig von Energielieferungen aus Russland machen muss. Jetzt müssen wir umsteuern - etwa mit dem Bau von Flüssiggas-Terminals, für die sich Olaf Scholz trotz Kritik schon in den letzten Jahren eingesetzt hat.
Was wird aus der Öl-Raffinerie in Schwedt, die mehrheitlich in russischem Staatsbesitz ist?
Niemand will mehr mit dem russischen Staatskonzern Rosneft zusammenarbeiten. Aber die Versorgung von Berlin, Brandenburg und ostdeutschen Regionen – einschließlich der Flughäfen BER und Halle/Leipzig – hängt an Schwedt. Wir arbeiten daran, die Rohöllieferungen aus anderen Quellen zu kompensieren, damit diese Raffinerie weiterarbeiten kann. Sobald es einen anderen Eigentümer gibt, wird es auch neue Partner für die Raffinerie geben. Darüber sind wir im Gespräch mit dem Betriebsrat und der Geschäftsleitung. Das Ziel ist die Versorgungssicherheit und die Transformation des Unternehmens.
Als Maßnahme gegen soziale Ungleichheit – gerade zwischen Ost und West – schlagen Ökonomen ein sogenanntes Grunderbe vor: 20.000 Euro vom Staat für alle 18Jährigen. Wie denken Sie darüber? Ich halte das für eine sehr spannende Idee. Das sage ich jetzt als SPDPolitiker. Die Ungleichheit wächst von Generation zu Generation, was weniger am aktiven Einkommen liegt als am Vermögenszuwachs. Wer nichts hat, der kann nur schwer etwas zurücklegen und ein Vermögen aufbauen.
Wie wollen Sie diese Leistung finanzieren?
Ein solches Grunderbe könnte über eine höhere Erbschaftssteuer der oberen zehn Prozent finanziert werden. In Deutschland werden Millionenerbschaften zu gering besteuert. Wir laufen Gefahr, dass sich eine Rentiersgesellschaft, die von Erbschaften lebt, von der normalen Arbeitsgesellschaft abkoppelt. Eigentum zu bilden ist für einen Großteil der Bevölkerung nicht mehr möglich, gerade in den Metropolen. Ein Grund-Erbe wäre ein interessantes Instrument, um diese Entwicklung aufzuhalten und die Startchancen ins Berufsleben etwas gerechter zu gestalten.