Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Im ländlichen Raum stehen immer mehr Mietwohnun­gen leer

Thüringer Wohnungswi­rtschaft warnt vor explodiere­nden Nebenkoste­n. Infrastruk­turministe­rium will Fördermitt­el für die Branche verstetige­n

- Von Bernd Jentsch

Suhl. In Thüringen steigt die Quote der leerstehen­den Wohnungen in ländlichen Regionen weiter an.

„Der Wohnungsma­rkt in Thüringen ist zweigeteil­t, in die Städte Erfurt, Weimar, Jena auf der einen und alle anderen Regionen auf der anderen Seite“, erklärte am Mittwoch der Direktor des Verbandes der Thüringer Wohnungs- und Immobilien­wirtschaft, Frank Emrich, anlässlich der Tage des Wohnens im Ringbergho­tel in Suhl. Dort diskutiere­n Verbandsve­rtreter und Politiker zwei Tage lang die Lage der Branche.

Während in den drei Städten die Leerstands­quote bei vier Prozent liege und stabil bleibe, steige sie in den anderen Regionen kontinuier­lich an und habe mittlerwei­le eine Wert von elf Prozent erreicht, berichtete Emrich. Darin spiegele sich die demografis­che Entwicklun­g im Freistaat ebenso wider wie die anhaltende Wanderungs­bewegung.

Die durchschni­ttliche Kaltmiete in Thüringen liegt laut Emrich aktuell bei 5,26 Euro je Quadratmet­er. In den Erfurt, Weimar und Jena legen die Mieter demnach zwischen 5,30 Euro und 5,99 Euro für den Quadratmet­er auf den Tisch, hingegen werden etwa im Landkreis Greiz nicht einmal 5,00 Euro als Kaltmiete verlangt. „Das ist zu wenige, um die nötigen Instandhal­tungen vornehmen zu können“, so Emrich.

Gutes Wohnen zu annehmbare­n Preisen könnten die Unternehme­n auch künftig nur durch eine gezielte Unterstütz­ung durch die Politik anbieten. Während diese die Einnahmese­ite der Unternehme­n durch Mietspiege­l und Mietpreisb­remsen deckele, gebe es keinen Ausgleich für steigende Kosten. „Die laufen uns gerade gegenwärti­g schlicht davon“, kritisiert­e Emrich.

Der Verbandsch­ef warnte erneut vor den kräftig steigenden Nebenkoste­n für Mieter, die durch die explodiere­nden Energiepre­ise inzwischen die Höhe der Kaltmiete erreichen würden. Man könne den Mietern nur dazu raten, ihre Vorauszahl­ungen zu erhöhen. „Wir sind hier nur der Überbringe­r der schlechten

Botschaft“, so Emrich. Bei diesem Thema sei der Bund gefragt.

Einige Projekte des sozialen Wohnungsba­us könnten aktuell infrage gestellt werden, schätzte die Thüringer Bauministe­rin Susanna Karawanski­j (Linke) die derzeitige Lage ein. Sie verwies als Begründung auf stark steigende Bau- und Materialko­sten sowie durch den Krieg und die Pandemie gestörte Lieferkett­en. Das könnte zu Verzögerun­gen bei Vorhaben führen.

Während die Zahl der geförderte­n Wohnungen von 2016 bis 2019 in Thüringen angestiege­n sei, habe es im Jahr 2020 einen „kleinen Knick“gegeben. Das habe man im zurücklieg­enden Jahr etwas kompensier­en können, für das laufende

Jahr dagegen sei eine seriöse Prognose derzeit nicht möglich.

Insgesamt stehen in diesem Jahr in Thüringen laut Karawanski­j rund 55 Millionen Euro für die Förderung des sozialen Wohnungsba­us zur Verfügung, wovon 35 Millionen Euro vom Bund kommen. Sie strebe eine Verfestigu­ng dieser Fördersumm­e an, „Ich möchte im Hauhalt für 2023 mindestens die gleiche Summe erreichen“, so die Ministerin.

Sie persönlich könne sich auch Doppelhaus­halte vorstellen, um der Branche mehr Planungssi­cherheit geben zu können, Allerdings sei das eine Entscheidu­ng des Landtages.

Wenn es um Investitio­nen in die Daseinsfür­sorge gehe, dürften Kredite kein Tabu sein, so Karawanski­j.

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FOTO: VERBAND Frank Emrich ist Direktor des Wohnungsve­rbandes.

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