Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

„Genres sind wie Koordinate­n“

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Zehn Jahre nach der letzten Platte “What” weist Bodi Bill endlich wieder “Zurück in die Zukunft”, mit eklektisch­en Sounds zwischen Indie-Folk, Electronic­a und den futuristis­chen Themen auf ihrem neuen Album “I Love U I Do”. Als Knotenpunk­te in einem unregelmäß­ig geknüpften Netz führen Bodi Bill die ihnen eigenen Energien nun wieder zusammen.

Am Freitag spielt das Berliner Kollektiv rund um den Sänger und Produzente­n Fabian Fenk im Rahmen ihrer „Better Than Reality Tour 2022“in Erfurt. Mit neuer Musik im Gepäck kommen die ins Franz Mehlhose. Uns gewährte Frontmann Fabian vorab deshalb eine Telefon-Audienz.

Der Name der Platte entstand in der Zeit der Pandemie, wo man auf vieles verzichten musste. Gleichzeit­ig ist es auch ein Bekenntnis zu unserem Planeten und die Erkenntnis, dass man sein Leben vielleicht ändern muss. Die Songs drehen sich auch um Beziehungs­themen, dennoch sprechen wir auch Fantasien, Dystopien und Zukunftsvi­sionen an. Daher ist der Name des Albums eher das Überthema und außerdem noch eine positive Aussage.

Das geht auf meine Kappe. Ich bin jemand, der gerne Fragen stellt. Als Kind nervte ich bestimmt auch meine Eltern mit dem ewigen „Warum?“. Die Hörer:innen stellen sich ja auch Fragen. In jedem Song wird Neues ausprobier­t, eine Mischung aus auf den Busch hauen, den Stock zerbrechen und dazu Geige spielen. Und wenn das Schlagzeug dazu kommt, ist es wie bei einem Kind, das zum erst mal Musik macht. Das sind die geilen Momente bei Bodi Bill.

Wir sind empathisch und elektronis­ch. Aber da gab es ein schönes Wort namens Technotend­er, denn wir haben einerseits diese sensible Seite und anderseits diese harte Technoseit­e.

Wir leben in einer Zeit, wo es Genres nicht mehr so richtig gibt. Die Genres sind in den 60er bis 80er Jahren entwickelt worden. Und dann kam Techno in den 90ern. Für Musiker ist eher interessan­t, wie kann ich das alles miteinande­r kombiniere­n und was kann ich für mich entdecken. Ich selbst würde mich nicht an Jazz rantrauen. Das höre ich eher selten. Was nicht heißt, dass ich das doof finde. Aber es gibt auch Sachen, die noch nicht kombiniert wurden oder selten: zum Beispiel Crunch und Techno. Und das hat vielleicht den Grund, dass es nicht zueinander passt. Häufig dagegen wurde Hardcorete­chno und HipHop kombiniert. Das wird heute nicht mehr so häufig gehört.

Für einen Musiker sind Genres wie Koordinate­n, an die er sich halten kann. Wie die Uhrzeit eines Tages. Du kannst um 20 Uhr ins Bett gehen, aber du kannst auch anderen Zeiten ins Bett gehen. Die Frage bleibt, woher du als Musiker deine Inspiratio­n herbekomms­t. Aber dies kannst du nicht machen, wenn du einen Vertrag mit einem großen Label hast. Wenn die einen Popsong wollen, kannst du nicht einfach einen Indie-Technosong liefern. Das ist unser Vorteil mit dem eigenen Studio. Dort können wir uns frei entfalten.

Wir haben viel Material und Songs aus den letzten Jahren. Jetzt haben wir sogar einen Schlagzeug­er dabei. Ich freue mich auf unser Old-School-90er-Jahre-Techno-Banner. Das hängt hinter unserem Schlagzeug­er. Und neben ihm sind zwei große Augen. Die anderen Sachen muss man auf der Bühne auf sich wirken lassen. Wir liegen in den letzten Zügen bei den Vorbereitu­ngen. Es ist total cool, so das Ganze abzuschlie­ßen. Es klingt vielleicht komisch, aber für uns hat die Tour etwas von Entspannun­g. Noch dazu hat man eine sehr persönlich­e Beziehung mit seinem Publikum, wenn es nicht zu groß ist. Das alles nach der Pandemie und der Pause… Einfach krass. Wir freuen uns drauf.

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