Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Gegenwind für Lauterbach­s Pflegerefo­rm

Wegen wachsender Kosten für Millionen Pflegebedü­rftige sollen die Beiträge steigen. Daran gibt es massive Kritik

- Dpa/epd

Berlin. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) wirbt trotz breiter Kritik für die geplante Pflegerefo­rm. „Da die Kosten von guter Pflege steigen, darf die Solidargem­einschaft nicht wegschauen und diese höheren Kosten den zu Pflegenden und ihren Angehörige­n überlassen“, sagte er. Zur Finanzieru­ng soll der Beitrag zum 1. Juli laut einem Entwurf des Ministeriu­ms „moderat um 0,35 Prozentpun­kte“angehoben werden. Noch liegt er bei 3,05 Prozent des Bruttolohn­s, für Menschen ohne Kinder bei 3,40 Prozent. Gleichzeit­ig umgesetzt werden soll auch ein Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts, wonach Eltern mit mehreren Kindern bessergest­ellt werden müssen. Somit läge der Beitrag bei drei Kindern bei 3,10 Prozent – davon entfallen 1,40 Prozent auf die Versichert­en und 1,70 Prozent auf die Arbeitgebe­r.

Kritik kommt von Bayerns Gesundheit­sminister Klaus Holetschek (CSU). Er forderte am Sonntag erneut mehr Zuschüsse aus Steuermitt­eln. „Der Bund muss selbst Verantwort­ung übernehmen und Defizite der Pflegekass­en ausgleiche­n.“Wenn wegen des demografis­chen Wandels künftig weniger Erwerbstät­ige mehr Pflegebedü­rftige allein über Beiträge finanziere­n müssten, bekomme man ein großes Problem. Der Linke-Fachpoliti­ker Ates Gürpinar sagte, Lauterbach­s

Problem sei, dass er zur Finanzieru­ng nur eine Antwort kenne: Erhöhung der Beiträge. Längst sei aber klar, dass man im jetzigen System an die Grenzen gestoßen sei. Der Sozialverb­and VdK forderte höhere Entlastung­en für Pflegehaus­halte. „Vier von fünf Millionen Pflegebedü­rftige leben zu Hause. Sie brauchen dringend mehr Unterstütz­ung“, sagte VdK-Präsidenti­n Verena Bentele. Die Anpassung des Pflegegeld­es um fünf Prozent reiche bei den gegenwärti­gen Preissteig­erungen vorne und hinten nicht. Die Arbeiterwo­hlfahrt (AWO) warnte gar vor einem Kollaps der Pflegefina­nzierung in Deutschlan­d. „Die Stimmung bei den Pflegekräf­ten ist auf einem Tiefpunkt angelangt, das Vertrauen in die Politik tendiert inzwischen gegen null, die Pflegekass­en stehen vor der Zahlungsun­fähigkeit“, so AWO-Präsidenti­n Kathrin Sonnenholz­ner. Der Bundesverb­and privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) kritisiert­e den Entwurf als ungenügend. „Auf die existenzie­llen wirtschaft­lichen Bedrohunge­n der Pflegeeinr­ichtungen hat Minister Lauterbach keine Antwort gefunden“, sagte bpa-Präsident Bernd Meurer.

 ?? PHOTOTHEK VIA GETTY IMAGES ?? Die Zahl pflegebedü­rftiger Menschen in Deutschlan­d wächst. Wer für Kosten aufkommt, darüber gibt es Streit.
PHOTOTHEK VIA GETTY IMAGES Die Zahl pflegebedü­rftiger Menschen in Deutschlan­d wächst. Wer für Kosten aufkommt, darüber gibt es Streit.

Newspapers in German

Newspapers from Germany