Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Eine Jawa, eine Familie und ein besonderer Tag
Erhard Apel bekommt pünktlich zum Geburtstag sein altes Motorrad zurück. Die Maschine ist von Grund auf restauriert
In den Augen von Erhard Apel blitzt es vor Freude. Er steht in seiner alten Schmiede in Bornhagen. Aber es ist nicht die Schmiede selbst, die dem Meister einen großartigen Anblick beschert, sondern das, was darin steht. Es ist seine alte Jawa CZ 450. Aber sie sieht wieder aus wie fabrikneu.
Das Motorrad ist ein Familienmitglied. Baujahr 1960 hat sie Erhard Apel im Jahr 1961 gekauft, also vor 62 Jahren. Da war er gerade einmal 21 Jahre alt. An ein Auto war damals nicht zu denken. Erhard Apel hat noch den alten Fahrzeugbrief. „Zugelassen am 5. Januar 1962“steht darin.
„Ins Eichsfeld gekommen ist die Jawa aus Sachsen“, erzählt Erhard Apel. Sein Bruder Hubert, der selbst eine Jawa fuhr, hatte sie ihm damals dort besorgt. Dann war sie 15 Jahre lang das einzige Fahrzeug in der Familie. Auch Ehefrau Rita fuhr sie gern und oft. Sie stammt aus Rengelrode. „Ich habe Erhard schon mit Motorrad kennengelernt.“
Originale Teile bei Restaurierung gerettet und aufgearbeitet
Sonntags fuhren die beiden den steilen Berg hinauf nach Rimbach zur Messe in der katholischen Kirche mit den berühmten zwei Türmen. „Wir wohnten damals ganz unten im Dorf nahe des Ortseingangs. Das war ein langer, steiler Weg den Berg hoch in die Kirche“, sagt Rita Apel. Oft schwang sie sich auch allein auf die Jawa, um Familie und Freunde in Rengelrode zu besuchen. Als Sohn Stefan geboren wurde, nahmen die beiden ihn einfach zwischen sich. „Damals ging so was ja noch.“
Mehr als 15 Jahre lang ließ das tschechische Motorrad, das stolze 9,5 PS und 175 Kubik besitzt, die Apels nicht ein einziges Mal im Stich. Dann kam Ende der 70er-Jahre endlich das erste Auto, ein Trabi. Die Jawa wurde abgedeckt und fast 40 Jahre lang nicht mehr bewegt. „Aber ein Verkauf kam nie in Frage“, sagt Erhard Apel. Zu sehr hing die Familie an ihr. Selbst als nach der Wende die Touristen zuhauf zur Burg Hanstein strömten, neugierig
in die Schmiede blickten und die Jawa furchtbar gern haben wollten, gaben die Apels sie nicht her.
Doch der Zahn der Zeit verschonte das gute Stück nicht. Flugrost überzog das Maschinchen. Als die Familie bei einem Dorfjubiläum in Mackenrode zu Gast war, sah Erhard Apel im Festumzug zwei wunderschöne restaurierte Jawas. „Das machen wir auch“, sagte er zu Rita. Es blieb nicht bei dem Vorsatz. Von 2021 bis vor wenigen Tagen wurde
die Jawa der Apels in Leinefelde von Grund auf restauriert. Viele originalen Teile konnten gerettet werden. „Der Rahmen, die Schutzbleche, Scheinwerfer, Tank, Motor…“, fängt Stefan Apel an aufzuzählen. Einige kleine Teile allerdings mussten ersetzt werden.
Jetzt erstrahlt das Motorrad wieder in alter Schönheit und in den originalen Farben. Selbst das berühmte Emblem auf dem Tank wurde per Hand akribisch nachgezo
gen. Sie antreten und eine Runde durchs Dorf drehen kann Erhard Apel aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr. „Wäre ich zehn Jahre jünger, würde ich sie sofort fahren. Aber ich kann sie jeden Tag anschauen und mich an ihr freuen.“Bekommen soll sie mal Sohn Stefan oder Enkel Lukas. Für Erhard Apel ist es das schönste Geschenk, dass die heiß geliebte Jawa pünktlich zu seinem 83. Geburtstag wieder in seiner Schmiede steht.