Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Reise durch Rumänien

- „Carpatia“, ars Vivendi, 224 S., 26 Euro.

Es ist erstaunlic­h, welche Erinnerung­en man behält. Vor über 40 Jahren bin ich mit meinem Vater Jost im Auto ans Schwarze Meer gefahren – also er ist natürlich gefahren, ich saß nur daneben. Die Reise führte durch Rumänien, und ich erinnere mich noch an den Speck, den wir unterwegs von einem Bauern, auf dessen Hof wir im Zelt übernachte­n durften, serviert bekamen. Den kräftigen, pfeffrigen Geschmack habe ich bis heute auf der Zunge.

Und heute weiß ich, wie er entsteht: Der Speck wird mit Salz, Pfeffer und Knoblauch kräftig eingeriebe­n und in einer geschlosse­nen Dose drei Monate im Kühlschran­k vergessen. Danach wird er mit kaltem Wasser abgespült, trocken getupft und über Nacht offen im Kühlschran­k aufbewahrt. Wer mag, kann ihn dann in Paprikapul­ver wälzen, damit er eine schöne Farbe bekommt. Dann endlich wird er dünn aufgeschni­tten und mit Toast oder frischem Brot und roten Zwiebeln und Gewürzgurk­en serviert.

Das Rezept verrät Irina Georgescu in ihrem tollen Kochbuch „Carpatia“. Sie erzählt von den Traditione­n der Regionen – während man im Süden und Osten griechisch­e und türkische Einflüsse schmeckt, sind es im Norden und Westen österreich­ische und ungarische Nuancen. So entstanden viele typische, einfache Gerichte. Oft deftig, aber immer lecker. Entenkeule­n auf Paprika-Sauerkraut, Hähnchen mit karamellis­ierten Quitten, VeilchenKo­nfitüre oder gekochte Beinscheib­en mit Gemüse, Dillöl und Meerrettic­hsauce. Auch das typische Maisbrot wird erwähnt: Maisgrieß und eine Prise Salz 20 Minuten unter Rühren köcheln, vom Herd nehmen, abkühlen lassen und stürzen. Mit feuchten Händen zu einem Brot formen, abkühlen lassen und mit einem Bindfaden in Scheiben schneiden. Auch daran kann ich mich erinnern. Puuh …

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Ingo Glase über seine ersten kulinarisc­hen Erinnerung­en

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