Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Ermittlungen gegen sechs Polizisten wegen Geheimnisverrats
Thüringer Polizei macht negative Schlagzeilen im Zusammenhang mit Verbindungen zu Rechtsextremisten. Eisenachs Oberbürgermeisterin ist nicht überrascht
Der Verdacht, dass die rechtsextreme Schlägerbande „Knockout 51“Unterstützung aus Polizeikreisen gehabt haben könnte, steht schon Monate im Raum. Spätestens mit Anklagebankerhebung durch den Generalbundesanwalt gegen vier Köpfe der Gruppe war klar, dass es sich dabei um mehr als nur einen Verdacht handeln könnte. Denn der Ankläger hat in der Anklageschrift nach Informationen dieser Zeitung sehr deutlich gemacht, dass Mitglieder von „KO51“Informationen aus Polizeikreisen gehabt haben könnten. Einer der aktuell vier Angeklagten vor dem Oberlandesgericht Jena soll beispielsweise in einem abgehörten Telefonat davon berichtet haben, aus Polizeikreisen erfahren zu haben, dass seine Festnahme veranlasst werden soll.
Vergangene Woche gab es in dem Zusammenhang eine Durchsuchung bei einem Polizisten. Insgesamt sechs Ermittlungsverfahren führt die Staatsanwaltschaft Gera gegen Polizisten, die in Verdacht stehen, Geheimnisse an die rechtsextremistischen Schläger verraten zu haben, berichtet der MDR. „Es ist eine bittere Erkenntnis: Aber mich überrascht das nicht“, sagt die Eisenacher Oberbürgermeisterin Katja Wolf (BSW) auf Anfrage dieser Zeitung. Ihre eigenen Lebenserfahrungen mit der Polizei seien immer von Enttäuschungen geprägt gewesen, schildert die Politikerin, die in der Vergangenheit schon Strafanzeigen erstattete, weil an ihrem Fahrzeug die Radmuttern gelockert waren oder offensichtlich am Anlasser des Pkw manipuliert wurde. Wolf erinnert auch eine Zeugenvernehmung, nachdem sie in Eisenach vor einiger Zeit ein Schlag getroffen hat, als sie auf der Theatertreppe gerade telefonierte. Die Täter, sagt sie, habe sie im Dunkeln nicht erkennen können. Bei ihrer Vernehmung als Zeugin seien ihr aber nicht einmal Fotos von Mitgliedern von „Knockout 51“gezeigt worden, obwohl bekannt gewesen sei, „dass man eine solche Truppe in der Stadt hat“. Dass jetzt immer mehr Details über die Hintergründe der Gruppe und ihre möglichen Unterstützer bekannt werden, zeigt aus Sicht von Wolf einmal mehr auf, warum der Generalbundesanwalt keine Thüringer Polizisten an seinen Ermittlungen beteiligt hat gegen die Gruppe, die von den Anklägern zunächst als terroristische Vereinigung eingestuft wurde.
Mögliche Informationen aus der Polizei heraus an rechtsextreme Schläger sind bereits 2023 erstmals im Landtag thematisiert worden. Im September wollte die Abgeordnete Katharina König-Preuss (Linke) von der Landesregierung wissen, welche Erkenntnisse dazu vorliegen. Die Antwort von Innenstaatssekretärin Katharina Schenk (SPD) war seinerzeit nichtssagend. KönigPreuss kritisierte danach Innenminister Georg Maier (SPD) dafür, dass er die Antworten nicht selbst gegeben habe. Der wiederum echauffierte sich darüber, dass man in der Regierung so nicht miteinander umgehen könne und es immer die Möglichkeit gebe, vertieft in nicht öffentlicher Sitzung im Innenausschuss in die Themen einzusteigen. Zu dem Verdacht gegen die Polizei schwieg Maier seinerzeit.
Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Raymond Walk, sagt: „Ich erwarte von der Landesregierung, dass diese offenen Fragen beantwortet werden und die Regierung ein schlüssiges Konzept vorlegt, wie künftig diesen Vorfällen entgegenzutreten ist.“Er verweist auf insgesamt 32 Verfahren, das wurde im November 2023 bekannt, gegen Polizisten wegen Verrats von Dienstgeheimnissen.