Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Wagenknecht gibt Verantwortung für Aufnahme teilweise ab
Weil hunderte Anträge bisher nicht bearbeitet wurden, darf der BSW-Landesverband nun selbst prüfen. Das letzte Wort hat Berlin
Die Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat in Thüringen mehr Zulauf als in anderen Bundesländern. Nach Angaben der Landesvorsitzenden Katja Wolf warten hunderte Menschen darauf, in das BSW aufgenommen zu werden. Problem dabei: Diese Verfahren ziehen sich. Deshalb wird das Aufnahmeverfahren jetzt angepasst. Die Verantwortung für die Mitgliederaufnahme für den Thüringer Landesverband soll zu einem großen Teil in Thüringen wahrgenommen werden. „Wir prüfen selbst, wen wir aufnehmen, und geben dann eine Liste nach Berlin“, sagt Wolf auf Anfrage. Das Absegnen der Aufnahmen in Berlin soll dann nur noch Formsache sein.
Wolf erhofft sich davon eine spürbare Beschleunigung der Aufnahme in Thüringen. Der Verband hat derzeit etwas mehr als 40 Mitglieder. Viele drängen in die neue Partei. Es gebe, sagt Wolf, Menschen, die im Oktober 2023 einen Antrag gestellt hätten und bis heute nicht aufgenommen seien. Manche hätten nicht einmal ein Signal erhalten, wie es um ihr Aufnahmeersuchen bestellt ist. Das Rumoren in BSWUnterstützerkreisen ist spürbar. „Die Situation ist keine, die lustig ist für uns vor Ort“, sagt die ehemalige Linke-Politikerin.
Die Umsetzung des neuen Verfahrens soll allerdings erst nach dem Landesparteitag erfolgen. Am 1. Juni will das BSW in Thüringen seine personelle Aufstellung für die Landtagswahl im September vollziehen. Es gilt als ausgemacht, dass KatjaWolf, die in dieser Woche ihre letzte Stadtratssitzung als Eisenacher Oberbürgermeisterin absolviert hat, das BSW als Spitzenkandidatin in die Landtagswahl führt. Sie werde, sagt sie auf Nachfrage, ihren Hut für die Spitzenkandidatur in den Ring werfen.
Über die Einigung mit der Bundespartei, die Verantwortung für die Prüfung neuer Mitgliedsanträge zu einem großen Teil nach Thüringen abzugeben, zeigt sich Wolf zufrieden. Wiewohl sie Verständnis für das vorsichtige Agieren der Parteispitze um Gründerin Sahra Wagenknecht aufbringt. „Ich verstehe die Berliner Angst und den Wunsch, langsam zu wachsen“, sagt Wolf. Die Befürchtung, eine Unterwanderung durch extreme Kräfte zu erleben, sei allenthalben spürbar.
Deshalb kann der Landesverband trotzdem nicht schnell die mehreren hundert Anträge durch Berlin bescheiden lassen. „Wir haben eine Wachstumsrate, die uns vorgegeben ist“, sagt Wolf. Was das in Zahlen heißt, sagt sie nicht.
In Thüringen könnte das BSW bei der Landtagswahl im September der entscheidende Faktor auf dem Weg zu einer Mehrheitsregierung werden. Einer Umfrage des Institutes „Insa“im Auftrag dieser Zeitung zufolge liegt die Partei im April bei 16 Prozent. Im März hatte Insa noch 13 Prozent für BSW gemessen. Mehrheiten mit dem BSW gebe es sowohl mit Linke und CDU, aber auch mit CDU, Grünen und SPD.