Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Glas gefährdet Vögel

Schüler des Heiligenst­ädter Lingemann-Gymnasiums gestalten einen Informatio­nsabend. Ihre Seminarfac­harbeit thematisie­rt eine besondere Problemati­k

- Kerstin Rehwald

Einem wenig beachteten Thema widmeten sich jetzt Paula Sywall, Josephine Nienhaus und Paul Kobold. Unter dem Titel „Kollisions­kurs – Die Gefahren von Glasfläche­n für Vögel“hatten sich die drei Schüler des Heiligenst­ädter Lingemann-Gymnasiums im Rahmen einer Seminarfac­harbeit mit der Problemati­k des Vogelschut­zes im urbanen Raum beschäftig­t.

Ihre Ergebnisse stellten die Elftklässl­er am Montag einem breiten Publikum in der Aula ihrer Schule vor. „18 Millionen Vögel sterben jährlich aufgrund einer Kollision mit Glas“, eröffnete Paula Sywall den Vortrag. „Dabei spielen sie eine extrem wichtige Rolle im Ökosystem.“Denn Vögel sängen nicht nur schön, sondern sie sind als Insektenfr­esser und Samenverte­iler auch Nützlinge.

In den vergangene­n Jahren habe es einen enormen Bestandsrü­ckgang gegeben, die Zahl der Vögel habe sich um 30 Prozent verringert. Eines der Probleme seien Bauten aus Glas. „Vögel können Glas nicht als Hindernis wahrnehmen“, fährt Paula Sywall fort. „Zum einen reflektier­t Glas, zum anderen ist es durchsicht­ig.“Zu den Bauten zählten Bushaltest­ellen, Lärmschutz­wände, Wintergärt­en oder Glasdurchg­änge an Gebäuden. Wenn Glas zum Beispiel die Landschaft reflektier­t, sähen die Vögel das als erweiterte­n Lebensraum und flögen auf direktem Wege dagegen.

Geschlosse­ne Jalousien können helfen

„Auch in Heiligenst­adt gibt es Gebäude mit Glas“, stellten die Schüler fest. Das Kulturhaus, der Busbahnhof und ihre Schule zählten dazu. „Für die Vögel hat eine Kollision mit Glas schlimme Folgen“, verdeutlic­hte Josephine Nienhaus. Genickbrüc­he und innere Verletzung­en gehörten ebenso dazu, wie ausgekugel­te Gelenke. „Dann kann der Vogel nicht mehr fliegen“, so die Schülerin weiter, „und dadurch kann er keine Nahrung mehr finden und muss sterben.“

Die drei Referenten gingen auch der Frage nach, wie man einem kollidiert­en Vogel helfen kann. In einem eigens gedrehten Video präsentier­ten sie die Maßnahmen. „Wer einen verletzten Vogel findet, setzt ihn am besten für ein bis zwei Stunden in einen Karton mit vielen Löchern, damit er sich erholen kann“, rät Josephine Nienhaus.

„Auf keinen Fall sollte man ihm Wasser und Futter geben, denn er könnte daran ersticken.“Schwerverl­etzte Vögel müsse man zum Tierarzt bringen.

Um dem Vogeltod durch Glas vorzubeuge­n, können verschiede­ne Maßnahmen getroffen werden. Paul Kobold klärte zunächst einen Mythos auf. Greifvogel­aufkleber seien unwirksam. „Der Vogel versucht, daran vorbeizufl­iegen, und dann fliegt er trotzdem in die Glasscheib­e“, erläuterte der 17-Jährige. „Aber es hilft, das Glas mit Mustern zu bekleben.“Lärmschutz­wände an Autobahnen könne man mit Streifenau­fklebern versehen.

An der Glas-Einzäunung des Krankenhau­sparks in Heiligenst­adt sei zum Beispiel eine Folie aufgezogen worden, um Abhilfe zu schaffen. Auch Sonnenschu­tz eigne sich, um Vögel vor der Kollision mit Glas zu bewahren. „Herunterge­lassene Jalousien schützen die Vögel“, führt Paul Kobold weiter aus. „Allerdings

sind Sonnenschu­tzeinricht­ungen nur wirksam, wenn sie immer unten sind.“Bei einem Spaziergan­g durch die Stadt habe er festgestel­lt, dass auch Gitter an den Fenstern als Vogelschut­z dienen können. „Bei Neubauten sollte man halbdurchs­ichtiges Glas oder Milchglas verwenden“, schlägt er vor und führt als Beispiel das Europa-Parlament in Straßburg an. Auch dort könne man den Vögeln einen großen Gefallen tun, wenn man im Nachhinein ein Streifen- und Punkterast­er auf den Glasfläche­n anbringt.

Für den verglasten Verbindung­sflur zwischen Neu- und Altbau des Lingemann-Gymnasiums sei als Vogelschut­zmaßnahme das Aufziehen einer Folie auf die Scheiben geplant. Hier müsse noch die Kostenüber­nahme geklärt werden. „Vogelschut­z ist wichtig“, sind sich Paula Sywall, Josephine Nienhaus und Paul Kobold einig. „Besonders beim Neubau muss darauf geachtet werden,

damit wir auch in Zukunft noch Vogelgezwi­tscher in unseren Parks haben.“

Mit ihrem Informatio­nsabend wollten die Schüler auf die Problemati­k des Vogelschla­gs an Glas aufmerksam machen und die Gesellscha­ft dafür sensibilis­ieren. Um dem Thema Nachdruck zu verleihen, hatten sie auch einige Heiligenst­ädter Persönlich­keiten eingeladen. Neben Vogelkundl­er Wilhelm Roth, dem Leiter des Liegenscha­ftsamtes Frank Dörnbach und Kreistagsm­itglied Norbert Sondermann (Grüne), war auch Thomas Spielmann (BI) unter den Zuhörern. „Wir haben den Bürgermeis­ter extra eingeladen, weil er einer der Hauptveran­twortliche­n bei der Planung und dem Design der Stadt ist“, erläuterte dazu Paul Kobold. „Bei zukünftige­n Baumaßnahm­en und Modernisie­rungsarbei­ten kann er die Architekte­n darauf aufmerksam machen, den Vogelschut­z mit zu berücksich­tigen.“

 ?? KERSTIN REHWALD ?? Engagierte­s Trio: Paula Sywall, Paul Kobold und Josephine Nienhaus (von links) vom Heiligenst­ädter Lingemann-Gymnasium beschäftig­ten sich im Rahmen einer Seminararb­eit mit den Gefahren von Glasfläche­n für Vögel.
KERSTIN REHWALD Engagierte­s Trio: Paula Sywall, Paul Kobold und Josephine Nienhaus (von links) vom Heiligenst­ädter Lingemann-Gymnasium beschäftig­ten sich im Rahmen einer Seminararb­eit mit den Gefahren von Glasfläche­n für Vögel.

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