Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
„Ich habe wegen Trump meinen moralischen Kompass verletzt“
Kronzeuge Michael Cohen beschreibt, wie er mit dem Ex-Präsidenten – auf betrügerische Weise – den Fall Stormy Daniels abgewickelt haben will
Frisch ins Amt gekommene US-Präsidenten haben in den ersten Wochen alle Hände voll zu tun. Bei Donald Trump kam im Februar 2017, wenn man dem Kronzeugen im Schweigegeld-Prozess um den Porno-Star Stormy Daniels Glauben schenkt, noch eine heikle Privatangelegenheit dazu. Der 45. Präsident der USA regelte seinerzeit im Heiligsten des Weißen Hauses, im Oval Office, mit Cohen die Details für die Rückerstattung von 130.000 Dollar „hush money”, die der Erotikdarstellerin Daniels zugeflossen waren. Cohen hatte die Summe vor der
Wahl 2016 vorgestreckt; damit Daniels nicht über einen fünfminütigen Seitensprung Trumps mit ihr im Jahr 2006 in einem kalifornischen Golf-Hotel redet.
Damit er sein Geld (plus Steuerausgleich und Bonus) von Trump zurückbekommt, so Cohen am Dienstag gegenüber Staatsanwältin Susan Hoffinger, wurde mit bewusst falsch etikettierten Schecks gearbeitet. Elf, um genau zu sein; insgesamt 420.000 US-Dollar, etliche davon unterschrieben vom Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika.
Nicht Anwaltskosten, wie offiziell vermerkt, wurden hier laut Cohen beglichen. Sondern die Rückerstattung
von Schweigegeld. Dies, nicht der Sex, steht im Mittelpunkt der aus 34 Einzel-Fällen bestehenden Anklage der New Yorker Staatsanwaltschaft gegen Trump. Weil Wahlkampf- und Steuergesetze verletzt worden seien.
Cohen beschrieb auf Fragen der Anklage detailliert, dass das gesamte Prozedere im Detail mit Trump persönlich koordiniert gewesen sei. Cohens Motiv: „Ich wollte die Präsidentschaftswahl beeinflussen. Und ich tat dies auf Trumps Anweisung.” Simpler Hintergrund: Trump persönlich war sicher, dass es seine Wahlchancen gegen Hillary Clinton massiv mindern würde, wenn die Causa Daniels vor dem UrnenAber
gang im November 2016 herausgekommen wäre. Heute sagt Cohen: „Um bei Trump gut dazustehen und seine Anweisungen zu befolgen, habe ich meinen moralischen Kompass verletzt und die Strafe erlitten.”
Cohen, das wird das noch ausstehende Kreuzverhör der Verteidiger Trumps zeigen, ist angreifbar. Er hat 2018, während der Russland-Untersuchung gegen Trump, den Kongress belogen. Und er hat für die Abwicklung des Stormy Daniels-Deals eine Gefängnisstrafe absitzen müssen. Cohen will all das „aus Loyalität“für Trump getan haben. Als 2018 die Bundespolizei FBI bei Cohen auftauchte und unter anderem die Mobil-Telefone mit den jetzt für Trump belastenden Mitteilungen beschlagnahmte, rief der Präsident seinen früheren „Fixer” an. Zitat laut Cohen: „Keine Sorge. Ich bin der Präsident der Vereinigten Staaten. Alles wird gut werden. Bleib stark. Du wirst okay sein.” Das war das letzte Gespräch, dass Cohen mit Trump führte. Von da an ging es bergab.
Unterdessen wächst der „FanKlub” prominenter Republikaner, der Trump im Gerichtssaal Beistand leistet. Am Dienstag waren mit Vivek Ramaswamy und Doug Burgum gleich zwei ehemalige Präsidentschaftskandidaten (und Rivalen) Trumps angekündigt, die sich Hoffnungen auf den Vize-Präsidenten-Posten machen. Auch der ranghöchste Konservative im Repräsentantenhaus, „Speaker” Mike Johnson, gab sich - mit einer Rede vor dem Gericht - die Ehre. Er sprach von einer „Farce”.