Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Die Entdeckung von Houellebecq
Karsten Jauch über die Konkurrenz zwischen Leipzig und Frankfurt
Natürlich kann sich die Leipziger Buchmesse nicht mit Frankfurt messen. Größe und Besucherzahle liegen weit auseinander. Dafür hat Leipzig immer ein Gefühl für Trends und Marketingideen gehabt, die später von Frankfurt kopiert wurden. So sind es in diesem Jahr die freien Autoren, die sogenannten Self-publisher, die in Leipzig einen Akzent setzen. Vermutlich wird sich das im Herbst in Frankfurt fortsetzen. Die Manga-fans sieht man schon auf beiden Messen. Und das große Erfolgsmodell „Leipzig liest“hat man ebenso in Frankfurt umgesetzt.
Was nicht heißen soll, dass die Messeleute in Frankfurt kein Gespür für Autoren haben. Ich erinnere mich an den Auftritt eines französischen Autors im Jahre 1999 — nur vom Hörensagen getragen. Das Gespräch fand im Frankfurter Presseclub statt, der sich damals noch auf dem Römerberg befand. Ein paar Journalisten saßen da einem Schriftsteller gegenüber, der seinen internationalen Durchbruch noch vor sich hatte. Es waren die letzten Tage vor dem Ruhm. Bei Dumont war gerade „Elementarteilchen“erschienen. Einige Rezensenten sprachen von einem Kultbuch.
Michel Houellebecq saß etwas schüchtern herum, wippte nervös mit den Knien, rauchte eine Zigarette nach der anderen und nuschelte etwas über den Hedonismus der Zeit oder einer abgestorbenen Leere. Vorgelesen hat er damals noch nicht. Das wird er im Herbst nachholen. Denn ausgerechnet in Leipzig verkündete jetzt der Frankfurter Messechef, dass er den streitbaren Autor eingeladen hat. „Ihn zu gewinnen, ist ein sehr starkes Zeichen“, sagte Juergen Boos. Frankreich ist im Herbst der Ehrengast in Frankfurt, weshalb das Motto „Frankfurt auf Französisch“. Da gibt es viele hübsche Episoden aus der Zeit der napoleonischen Kriege.
Und es gibt einen — weltberühmten – Frankfurter, der Leipzig sein Klein-paris nannte.