Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Einsam auf dem Hügel
Johannes M. Fischer über harte Zeiten in der Thüringer SPD
Fast bekommt man Mitleid mit der SPD und ihrem unglücklichen Genossen Poppenhäger. Aber Mitleid hilft in politischen Prozessen nicht weiter. Niemandem.
Was passiert da gerade? Holger Poppenhäger, der einsame Innenminister, wird ohne Bleiweste und Sturmgewehr auf einen Hügel geschickt, um von dort die Gebietsreform gegen Freund und Feind zu verteidigen. Da steht er nun und bekommt von allen Seiten Feuer. Friendly fire eingeschlossen.
Jeder Treffer trifft auch seine Partei. Dass sich in einer solchen Situation, wo die Fetzen fliegen, auch noch die Spdlandtagsabgeordnete Marion Rosin absetzt, macht die Ausgangslage nicht einfacher. Auch wenn Rosin andere Motive hat – der Zeitpunkt ihres Parteiwechsels könnte für die Sozialdemokraten kein schlechterer sein. Der Opposition spielt das natürlich wunderbar in die Karten.
Nun wäre ja denkbar, dass sich die Koalitionäre in der Landesregierung die Hände reiben und sagen: Gut, dass da kein Linker oder Grüner auf dem Hügel steht. Aber das wäre zu früh gefreut. Jeder Treffer, der dem Innenminister und der SPD schadet, wirkt auch auf die Koalition insgesamt. Es ist wie mit einem Dum-dum-geschoss: Ist es erst mal eingedrungen, zerlegt es sich und entfaltet seine verheerende Wirkung im gesamten Körper.
Damit soll nicht gesagt sein, dass die Koalition vor dem Ende steht. Es ist auch noch nicht das Ende der Gebietsreform. Aber sowohl die Koalition als auch ihr wichtigstes Vorhaben befinden sich in einem Gewässer, in dem nicht mal der furchterregend-mutige Kapitän Ahab auf der Jagd nach Mobby Dick segeln wollte.