Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Bischof verteidigt die Selbstständigkeit
Bürgerversammlung zur Gebietsreform in Behringen mit schwacher Resonanz und einigen überraschenden Standpunkten
Behringen. Die Gemeinde Hainich-hörselberg mit ihren 17 Ortsteilen selbstständig erhalten oder im Zuge der von der Thüringer Landesregierung angeschobenen Gebietsreform freiwillig zerstückeln und anderen Gebietskörperschaften angliedern? Diese Frage stellt die Gemeindeverwaltung um Bürgermeister Bernhard Bischof den Einwohner bei Bürgerversammlungen noch bis Anfang Juli.
Die dritte Einwohnerversammlung gab es am Dienstag in Behringen. Bernhard Bischof hatte mit deutlich mehr Resonanz gerechnet als die etwa 20 Besucher. Die Bürgerversammlung zum aktuellen Straßenbauprojekt in Behringen hatte deutlich mehr Menschen hinter dem Ofen vorgelockt.
Neues in Sachen Gebietsreform hatte der Bürgermeister nicht zu berichten, denn die Landesregierung lasse auch die Verwaltungen zu Plänen im Dunkeln tappen. Ein für Dienstag geplantes Gespräch gemeinsam mit Vertretern der VG Hainich-werratal in Erfurt sei abgesagt worden. Klar sei nur: Wie wir wissen, wissen wir nichts. Der Bürgermeister will die Pläne der Gebietsreform in ihrer jetzigen Art in der Mülltonne wissen, weil sie handwerklich schlecht gemacht seien und sie nicht nur Bürgernähe kosteten. Nicht umsonst ist die Gemeinde dem Verein Selbstverwaltung beigetreten und sammelt für dessen Ziele fleißig Unterschriften. Mit der parallelen Bürgerbefragung will Bernhard Bischof die Stimmung in der Gemeinde erfahren. Ein interessantes Ereignis aus den frühen 1990er-jahren rief ein Gast den Anwesenden ins Gedächtnis zurück. Er erinnerte daran, dass sich die Behringendörfer seinerzeit für den Anschluss an den Kreis Eisenach votierten und nicht nach Bad Langensalza oder Gotha. Als die Stadt Eisenach dann plötzlich kreisfrei wurde, fand sich Behringen im Wartburgkreis wieder. Und jetzt, da die Stadt Eisenach wieder im Wartburgkreis aufgehen soll, stemme sich Bürgermeister Bischof gegen den Weg nach Eisenach. So änderten sich die Zeiten. Um eine Gebietsreform komme die Gemeinde mit Blick auf die sinkende Einwohnerzahl nicht umhin, so der Gast.
Der Prognose der Statistiker, die die Gemeinde Hainich-hörselberg (jetzt 6313 Einwohner) im Jahr 2035 bei weit unter 5000 Einwohners sehen, könne man glauben, müsse man aber nicht, so Bischof.
Behringens Votum in den 90er-jahren pro Eisenach
Stadt-umland-beziehung dient als Argument
Ein anderer im Publikum sieht das Heil der Gemeinde im Kreis Gotha. „Bloß nicht nach Eisenach“, hieß es. Das Schicksal der mehr oder weniger vernachlässigten Eisenacher Ortsteile sei Warnung genug.
Bürgermeister Bernhard Bischof hat nichts gegen die Stadt Eisenach. Im Gegenteil. „Wir brauchen Eisenach, aber Eisenach profitiert auch von uns.“Er will die gesunde Stadt-umlandbeziehung fördern, statt sich mit wehenden Fahnen nach Eisenach anzuschließen und das Industriegebiet Kindel mit seinen 3000 Arbeitsplätzen mitzubringen. Dann sei zu erwarten, dass die Gemeinde deutlich an Gewicht verliere und freiwillige Leistungen zum Beispiel heruntergefahren würden.
Bernhard Bischof unterstrich die Schlagkraft der Gemeinde Hörselberg-hainich auch mit Zahlen. Zwar drückten die Gemeinde aus Altlasten immer noch satte 9,1 Millionen Euro Schulden, doch betrage die Prokopf-steuerkraft mittlerweile 937 Euro, was ein Spitzenwert in der Region sei. Der Bürgermeister meint, dass die Gemeinde ganz gleich in welcher neuen Gebietskonstellation immer schlechter dastehe als jetzt. Die durch den kommunalen Finanzausgleich finanzielle stark belastete Gemeinde („Reichensteuer“), habe 2016 immerhin 128 000 Euro in freiwillige Aufgaben investiert und damit nicht zuletzt das Vereinsleben unterstützt. „Ohne die ehrenamtliche Arbeit im Ort, passiere hier so gut wie nichts mehr“, unterstreicht der Bürgermeister. Und dafür brauche es Geld und die Möglichkeit es selbst zu verwalten und zu verteilen.
Die im Dezember 2007 gegründete Gemeinde Hörselberghainich ist im Regionalplan nicht als Grundzentrum eingestuft, obwohl sie alle Voraussetzungen dafür erfüllt, hat nur 200 Einwohner zu wenig. Diese Entscheidung fällte weiland übrigens die Cdu/spd-landesregierung. Eine Klage dagegen hätte gute Aussichten, meint Bernhard Bischof.
Während die Gebietsreform aus seiner Sicht ein einziges „Stochern im Nebel ist“, ruft der Bürgermeister die Einwohner auf, ihre Meinung für die Zukunft kund zu tun. Wie schon in Kälberfeld und Wolfsbehringen zuvor votierten auch am Dienstag die meisten Unterzeichner für eine selbstständige Gemeinde Hörselberg-hainich und gegen die Zerteilung.