Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Im zweiten Anlauf starten neun Jugendliche richtig durch
Feierliche Zeugnisübergabe am Ziola-bildungshaus für externen Real- und Hauptschulabschluss
Eisenach. Die meisten jungen Menschen sprinten geradlinig zum Schulabschluss – anderen gelingt dieser Zieleinlauf nur mit Verspätung im Hürden- oder Schlängellauf. Zur letzten Gruppe gehören neun Jugendliche, die am Montag endlich die Früchte ihrer Ausdauer, ihres Durchhaltevermögens sowie ihres Fleißes ernten konnten.
Die Geschäftsführerin des Ziola-bildungshauses, Mariaanna Ziola, und die Leiterin der Goetheschule, Petra Hötzel, überreichten drei Prüflingen die Zeugnisse für den externen Hauptschulabschluss sowie sechs weiteren Absolventen die Bestätigung ihrer Mühen für den Realschulabschluss.
„Die externen Schulabschlüsse unterliegen viel härteren Bedingungen und das positive Ergebnis ist umso beachtlicher, hält man sich die individuellen Lebensumstände, die Herausforderungen der einzelnen Schüler vor Augen“, betont Maria-anna Ziola während der feierlichen Zeugnisübergabe am gestrigen Vormittag.
Einige der Absolventen im Alter zwischen 19 und 28 Jahren drückten in den vergangenen Monaten nicht nur die Schulbank. Sebastian, der bereits vor sechs Jahren am Bildungshaus seinen Hauptschulabschluss erwarb, stemmte neben seiner Prüfungsvorbereitung noch ein vorbereitendes Berufspraktikum.
„Er war ein schweres Kaliber und hat eine sagenhafte Entwicklung genommen“, schwärmt Heiko Röscher, Mitglied der Geschäftsleitung der Ziola Gmbh, über den jungen Mann. Mit dem Realschulabschluss kann Sebastian, der sich auch ehrenamtlich als Tanzlehrer engagiert, endlich seinen Traum verwirklichen – er möchte Erzieher werden.
Abgesehen vom Lern- und Prüfungsstress meisterten die Teilnehmer auch unterschiedlichste Probleme privater Natur. Neben den massiven Lerndefiziten und dem Nachholen von Unterrichtsstoff mussten die Pädagogen des Bildungshauses ganz individuell auf die Lebenslagen der Schüler eingehen. Schwierige und arbeitsreiche Wochen liegen beispielsweise hinter Sarah. In anderen Umständen ließ sie keinen anderen Gedanken aufkommen, als durchhalten. Nach der Geburt im Februar und ihrem Mutterschutz kniete sich die junge Mama wieder in ihre Schulaufgaben, denn für den Hauptschulabschluss musste sie viel nachholen. Offene Krisen im privaten Umfeld, gesetzlich Konflikte, Schulden, Wohnungslosigkeit, gesundheitliche Einschränkungen erschwerten im zurückliegenden Schuljahr die Bildungsarbeit immens.
Ohne die Ursachen offen zu legen und die eingefahrenen Wege im privatem Bereich aufzubrechen, ihnen Alternativen aufzuzeigen und Hilfen zu gewähren, wäre ein erneutes Scheitern die Folge gewesen.
Maria-anna Ziola würdigte während der feierlichen Zeugnisübergabe die Unterstützung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie die Förderung durch den Europäischen Sozialfond für Deutschland. Ohne deren finanzielle Unterstützung seien die individuellen Jugendprojekte des Ziola-bildungshauses, in deren Rahmen der Realschulabschluss erreicht werden kann, kaum möglich. Ohne dieses Engagement hätten viele junge Menschen kaum die Chance auf gesellschaftliche Teilhabe.
Die Bildungshaus-chefin würdigte neben der Zusammenarbeit mit der Eisenacher Goetheschule und der Regelschule Wutha-farnroda auch die Unterstützung der Jobcenter Eisenach und Wartburgkreis, ohne deren Ko-finanzierung die Ausbildung nicht möglich wären.
Mit dem erreichten Schulabschluss und der anstehenden Berufsausbildung öffneten sich für die Jugendlichen Türen, aber das Hindurchgehen und die Arbeit am weiteren persönlichen Erfolg ist nun Aufgabe der Absolventen. „Die jungen Menschen müssen jetzt selbst Verantwortung übernehmen und die richtigen Entscheidungen treffen“, so Maria-anna Ziola.
Schulabschluss ist nur ein Etappenziel