Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Der überzeugte Warmduscher
Schwimm-legende Roland Matthes kehrt gern zu seinen Anfängen nach Erfurt zurück. Die Stadt hat sogar eine Halle nach ihm benannt
lockere, ja manchmal sogar schlampige Art an, „doch sie war immer geradeaus – das habe ich sehr an ihr gemocht.“Sie fand Worte und Methoden, die Wirkung hinterließen.
Zu den ersten Lernerfolgen im täglichen kilometerlangen Training zählte unter anderem eine korrekte tiefe Rückenwende. „Als ich die beherrscht habe, Konkurrent Mitch Ivey hatte sogar ein Matthes-foto als Motivation auf seinem Nachttisch stehen. Es nutzte nichts.
Alle Welt verehrte Roland Matthes, das änderte sich auch nicht nach dem Karriereende 1976. Dennoch wurde ihm nach der Wende, als er schon das Sport- und Medizinstudium absolviert später war er am Olympiastützpunkt in Tauberbischofsheim beschäftigt, schließlich arbeitete er sich in Marktheidenfeld erfolgreich als niedergelassener Orthopäde. Die dortige eigene Praxis hat er inzwischen abgegeben, doch er arbeitet in ihr noch als Angestellter. Mit vollem Terminkalender. „Viele Patienten kommen, weil ich sehr konsequent auf die konservative Medizin setze. Ich bin auch Arzt für eine Zweitoder Dritt-meinung, eine Operation ist für mich immer die allerletzte Behandlungsmöglichkeit.“Er hätte da eine radikale Meinung. Ursachen für viele körperliche Beschwerden sieht er ohnehin darin, dass sich „die meisten Menschen zu wenig und falsch bewegen.“
Das sagt er Patienten auch offen. Roland Matthes, der einst mit Schwimmerin Kornelia Ender liiert war, fürchtet ohnehin keine Auseinandersetzungen. Weder im Wasser, noch im Beruflichen, noch im Privaten.
Mit Daniela, seiner dritten Ehefrau, ist er inzwischen 17 Jahre zusammen. Sie sind ein Jahrzehnt verheiratet, wohnen in Unterfranken. Ein Nostalgiezimmer hat er dort aber nicht. „Warum auch? Die Erfolge, die Medaillen sind Vergangenheit“. Er schützt sie trotzdem in einem Bankschließfach. Und Roland Matthes ist stolz, dass die ehemalige Südschwimmhalle in Erfurt, die 1971 mit einer damals seltenen 50-Meter-bahn öffnete, seit sechs Jahren seinen Namen trägt. „Thüringen ist ja auch immer noch Heimat für mich.“Er hat dort weiter Bekannte und Freunde, wie Conny Günther, den Chefarzt für innere Medizin in der Klinik in Friedrichroda.
Die Karriere von Roland Matthes liegt mittlerweile rund vier Jahrzehnte zurück, er wirkt — groß und schlank — immer noch fit wie damals. Das gelingt nicht unbedingt nur mit Schwimmen, „zumal das Wasser dafür schon mindestens 27 Grad haben muss.“Lieber noch mehr, er sei ein überzeugter Warmduscher geblieben. Die Bewegung passiert vor allem durch regelmäßiges Joggen oder auch mit Yoga- und Dehnübungen.
Während des gesamten Gesprächs hat Roland Matthes gestanden. „Ist besser für die Körperachse“, sagt er. Jetzt, direkt vor dem Hermannsbad, strafft er sich noch mal. Jene Passanten, die ihn erkennen, bleiben stehen. Und manche würden sich wohl am liebsten verbeugen.