Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Bayer-aktie im Sturzflug
Glyphosat-urteil zu Schadenersatz gegen Monsanto in den USA verschreckt Anleger. Konzern verliert mehr als elf Milliarden Euro an Börsenwert
Berlin. Solche drastischen Kursstürze sind selten. Erst recht im Deutschen Aktienindex (Dax). Nachdem ein Us-gericht die Bayer-tochter Monsanto zu einem millionenschweren Schadenersatz wegen ihres Pflanzengiftes Glyphosat verurteilt hatte, zogen viele Aktionäre am Montag in Deutschland die Reißleine: Kurz nach Öffnung der Börse schlitterte der Kurs von Bayer in die Tiefe und verlor in der Spitze rund 13 Prozent – das Unternehmen war damit gut elf Milliarden Euro weniger wert.
Der deutsche Pharmakonzern wird damit für das enorme Risiko abgestraft, das offenbar in der 63 Milliarden Euro teuren Übernahme des Us-saatgutkonzerns Monsanto steckt. Kernproblem ist das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat, das von Monsanto produziert wird. Seine Wirkung auf das Wohl von Menschen und Tieren ist wissenschaftlich höchst umstritten.
Während die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Chemikalie im Jahr 2015 als „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen“eingestuft hat, beruft sich Bayer auf „mehr als 800 wissenschaftliche Studien“, die Glyphosat als sicher bewerten.
Ein Us-geschworenengericht gab dem Kläger Dewayne „Lee“Johnson jedoch Recht. Dem Platzwart, der häufig Unkrautvernichter wie das Monsanto-produkt Roundup mit Glyphosat verwendete und heute an Lymphdrüsenkrebs leidet, sprachen die Richter 289 Millionen Dollar Schadenersatz zu. Weitere 5000 Klagen gegen Monsanto sind in den USA noch anhängig. Käme es in diesen Fällen zu ähnlichen Urteilen, würde sich im schlimmsten Fall die Entschädigung auf einen hohen Milliardenbetrag summieren.
Doch das Urteil ist längst noch nicht rechtskräftig. Monsanto hat Berufung angekündigt. Dabei ist es in den USA üblich, dass Strafzahlungen dieser Art in weiteren Verfahren entweder erheblich verringert oder Urteile in der nächsten Instanz ganz aufgehoben werden.
„Für den einzelnen Anleger war die Nachricht erst mal ein Schock“, sagt der Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Jürgen Kurz. Der Dsw-sprecher geht aber davon aus, dass Bayer gegen Schadenersatzforderungen in dieser Höhe versichert sei und die Summe nicht selbst begleichen müsse. Zudem sei offen, was der Konzern nach der letzten richterlichen Instanz überhaupt bezahlen müsse.