Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Filmreif im Wald

Saxonia Media dreht die „Schloss Einstein“-folgen nun in einem ehemaligen Kinderheim im Nonnenholz am Drosselber­g

- Von Michael Keller

Erfurt. Seit 20 Jahren läuft im Kinderkana­l die Serie „Schloss Einstein“und läuft und läuft und läuft. 922 Folgen sind seit 1998 in 21 Staffeln gelaufen. Seit 2007 wird die Serie in Erfurt gedreht. Bis 2014 im Kindermedi­enzentrum neben der Messe, später im alten Schauspiel­haus. Dort ist nun aber Schluss. Das Kulturquar­tier ist dabei, das frühere Theater neu zu beleben. Ersatz musste her, damit irgendwann auch die 1000. Sendung in Thüringens Landeshaup­tstadt gedreht werden kann. Die Stadt bot eine Immobilie an, die in der Öffentlich­keit kaum bekannt sein dürfte. Am Nonnenholz. Auf dem Drosselber­g. Das ehemalige Kinderheim Theodor Neubauer. Erbaut um 1912 diente es in der Kaiserzeit als Waldheim für erholungsb­edürftige Erfurter Kinder aus sozial unterprivi­legierten Familien. Bis 2006 war es erst in der DDR, später im vereinten Deutschlan­d, ein Kinderheim. Es fristete dann lange Zeit ein Dasein im Verborgene­n, bis es 2015 vorübergeh­end und nur für kurze Zeit als Aufnahmeei­nrichtung für Flüchtling­e diente.

Verkauf des Areals mit Gebäuden scheiterte

Die Stadt versuchte immer wieder das Areal und die Gebäude zu verkaufen, vergeblich, wie Bürgermeis­terin Tamara Thierbach gestern bei einem Besuch wissen ließ. Zu abgelegen, zu speziell und vor allem ohne Kanalisati­on, stattdesse­n mit Klärgrube. Allesamt Rahmenbedi­ngungen, die Investoren vom Kauf abhalten. Als Drehort für „Schloss Einstein“aber nun nahezu ideal. Weil in dem Fall auch eine Ausnahme für das Kanalisati­onsproblem möglich ist.

Inzwischen hat die Saxonia Media Filmproduk­tion eine fast sechsstell­ige Summe investiert, um das Gebäude und das unmittelba­re Umfeld „filmreif“zu machen. Seit Juni wird wieder gedreht. 60 Drehtage, 26 Folgen. Im November ist die neue Staffel, in der 18 Kinder zwischen zwölf und 16 Jahren die Hauptrolle­n spielen, fertig.

Dennoch ist noch nicht alles eitel Sonnensche­in, wie die Bürgermeis­terin zu hören bekam. Da ist zum einen das Problem der fehlenden Lagerkapaz­ität für das, was Filmleute brauchen, wie Produktion­sleiter Jörg Dowidat erläuterte. Im alten Schauspiel­haus muss das Feld geräumt werden. Am neuen Drehort ist das Lagerprobl­em aber auch noch nicht zu lösen. Man prüfe derzeit in den Ämtern, so die Bürgermeis­terin, wie man Abhilfe schaffen könnte. Es stehen beispielsw­eise einige alte Gebäude auf dem Gelände leer, auch sei ein alter Speisesaal vorhanden, die man herrichten könnte.

Eine andere Schwierigk­eit findet sich im hinteren Teil des großen, sich anschließe­nden Parks. „Unser Problem hat vier Beine und grunzt“, versuchte sich Saxonia Media-herstellun­gsleiter Christian Dreßler in Humor, obwohl ihm so gar nicht zum Lachen war. Denn erst am Wochenende hatte eine Rotte Wildschwei­ne eine zur Begrünung gedachte Wiese, auf der passende Szenen gedreht werden sollten, nach Wildschwei­n-art umgepflügt. Und das nicht zum ersten Mal, wie zu hören war. Den Schwarzkit­teln war es wohl gelungen, die Zäune rund um das Grundstück zu ignorieren. Wie dieses Ärgernis geregelt werden könnte, darüber herrschte gestern noch eine gewisse Ratlosigke­it. Mit Waffen darf dort jedenfalls nicht hantiert werden.

Drinnen, im zwischen Februar und Mai diesen Jahres drehtaugli­ch hergericht­eten Hauptgebäu­de, ist indes alles so weit fertig, wenngleich Leute vom Film eigentlich nie so richtig fertig werden. Weil sich stets und ständig alles dem immer wieder fortgeschr­iebenen „Einstein“drehbuch unterordne­n muss. Aber die neu eingericht­ete Küche, der Ballettsaa­l, der Sportraum, der Gemeinscha­ftsraum oder die fiktiven Internatsz­immer verlieren nichts an Aktualität. Und so dürfte einer 1000. Folge von „Schloss Einstein“in absehbarer Zeit eigentlich kaum etwas im Wege stehen.

 ??  ?? Schick hergericht­et – das frühere Hauptgebäu­de des Kinderheim­es „Theo Neubauer“. Zumindest in der Vorderansi­cht. In dem Haus dreht seit diesem Jahr die Saxonia Media die Folgen von „Schloss Einstein“. Foto: Michael Keller
Schick hergericht­et – das frühere Hauptgebäu­de des Kinderheim­es „Theo Neubauer“. Zumindest in der Vorderansi­cht. In dem Haus dreht seit diesem Jahr die Saxonia Media die Folgen von „Schloss Einstein“. Foto: Michael Keller

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