Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Pfarrer beschert Simson-oldtimern zweites Leben
Das älteste Dienstfahrzeug der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands rollt durch das Eichsfeld
Heyerode. Dass es für zwei Oldtimer des Suhler Simson-werkes im Eichsfeld ein unverhofftes Wiedererstarken und somit ein zweites Leben auf den Landstraßen geben konnte, das haben diese sinnigerweise einem Geistlichen zu verdanken.
Und dies durch wahrhaft himmlische Fügungen und in ökumenischer Eintracht.
Dem inzwischen in Ruhestand gegangenen evangelischen Pfarrer Gunter Barthel aus Heyerode im Eichsfeld hatte über viele Jahre ein Moped SR 1 zu Diensten gestanden, bis es eines Tages jedoch den Geist aufgegeben hatte und dem Verschrotten nahe war.
Vor etwa zehn Jahren begegnete dem Pfarrer dann ein Engel, ein sachkundiger Oldtimerfan und Experte des SR 1 aus Falken, der ihm das Moped vom Baujahr 1956 wieder aufgebaut und ihm frisches Leben eingehaucht hatte. Für Gunter Barthel ein Geschenk und Gottes Glück zugleich. „Mit meiner ersten Dienststelle in Frankenroda und Ebenshausen habe ich 1988 auch das Dienstmoped meines Amtsvorgängers übernommen“, erinnert sich der 66-Jährige an die Anfänge seines priesterlichen Wirkens im benachbarten Wartburgkreis. Damit verbunden ist die Liebe zu dem ans Herz gewachsenen alten Zweirad.
So kann Gunter Barthel nun behaupten, dass es sich bei dem einst von der evangelisch-lutherischen Kirche in Thüringen angeschafften Moped mit jetzt 62 Jahren vermutlich um das älteste Dienstfahrzeug der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland handelt.
Denn ab und an wird der Heyeröder Pfarrer noch einmal von seinen „Schäfchen“zu einem Gottesdienst oder auch einer Hochzeit gerufen. „Das Schöne an dem SR 1 ist das Motorgeknatter“, schwärmt er von seinem Zweirad in Originalpatina und mit Zweitakt-duft.
Falls das Moped einmal nicht fahrbereit sein sollte, steht dem Diener Gottes mit einem „Spatz“noch ein weiterer Simson-oldtimer zur Verfügung. Dieser wurde der Familie einst durch einen katholischen Priester überlassen. Nachdem jenes Moped jahrelang in der Garage gestanden hatte, konnte Gunter Barthel „den Schrotthaufen nicht mehr sehen“. Da kam ihm schließlich ein weiterer Engel wie gerufen. Nämlich der Kfz-handwerksmeister Georg Mühr aus Faulungen, der sich auf die Reparatur und Restaurierung der legendären Simson-zweiräder aus Suhl spezialisiert hat.
Er hat den „Spatz“grundhaft restauriert und in diesem Frühjahr in einstiger Schönheit erstrahlen lassen.
Und sollte es plötzlich einmal gravierende Probleme mit einem seiner beiden Zweiradoldtimer geben, kann Pfarrer Barthel auf einen weiteren „Schrauber“zählen. Denn als gelernter Landmaschinenschlosser und Tischler steht ihm quasi als Nothelfer der 39-jährige Ronny Döring zur Seite. Für ihn gilt das verlässliche Handwerkermotto „Geht nicht, gibt’s nicht!“.
Das SR 1 war übrigens das erste Moped in der DDR. Das S stand für Suhl und das R für Rheinmetall.
Unterwegs mit dem Dienstmoped
Nothelfer mit Schrauberqualität