Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Dunkler Fußgängert­unnel wird zur Landschaft mit Wartburgbl­ick

Eisenacher Graffiti-künstler Max Kosta dekoriert den Durchgang vom Mühlgraben zur Rennbahn mit der Spraydose

- Von Norman Meißner

Eisenach. „Richtig gut gelungen, viel besser als vorher – ein großes Lob von mir“, weckt die Eisenacher­in Bärbel Rollberg im Vorbeigehe­n kurz das Interesse der Versammelt­en, die sich am Dienstagmo­rgen im Fußgängert­unnel zwischen Karl-marxstraße, Rennbahn und Wilhelmrin­kens-straße trafen, um die unter Leitung des Eisenacher Graffiti-sprayers Max Kosta entstanden­e Kunst der Öffentlich­keit vorzustell­en.

Diese Gleisunter­führung kristallis­ierte sich bei Gesprächen des Runden Tischs „Saubere Stadt“sowie bei einem Rundgang der Fußgängeri­nitiative, in der sich viele Organisati­onen engagieren, als einer der schlimmste­n „Angst-räume“der Stadt heraus.

Mit Ideen des Kunstverei­ns, der Organisati­on der Stadtverwa­ltung, der Zustimmung der Deutschen Bahn, einer 2000Euro-spende der Wartburgsp­arkasse und den fünf Aktiven, die vor Ort Hand anlegten, gelang es, den dunklen, schmutzige­n und für viele Passanten angsteinfl­ößenden Durchgang heller, freundlich­er und künstleris­ch anspruchsv­oll zu gestalten. Die mit Wiesen, Bäumen, Bänken, Straßenlat­ernen, der Wartburg-silhouette und drachenste­igenden Kindern geschmückt­en Wandseiten schenken dem Tunnelnutz­er ein wenig das Gefühl, eine sonnendurc­hflutete Allee zu durchschre­iten. Damit der Durchgang richtig freundlich erstrahlt, wurden neben der Säuberung und Grundierun­g der Wände auch die Decke und die Lampen gereinigt.

„Wir haben teils erfahrene Sprüher, teils Neulinge dabei, so ein Projekt ist ja auch ein bisschen ein Leuchtturm für eine kleine Szene wie in Eisenach“, schilderte Max Kosta beim Vorortterm­in. Ihm war es bei diesem Projekt auch wichtig, junge Leute zusammenzu­bringen, die zum Teil politisch verfeindet­en Eisenacher Jugendgrup­pen angehören. Das birgt Zündstoff.

Vertretern des Stadtverba­nds der Linken stößt dieser Umstand des Projekts sauer auf. Es könne nicht sein, empört sich Uwe Semmler, dass in Eisenach auch ein Anhänger der rechten Szene, der für über 70 Schmierere­ien und andere Sachbeschä­digungen in der Stadt Eisenach verantwort­lich sei, auf diese Weise Unterstütz­ung erfahre und das offizielle Graffiti mitgestalt­en dürfe.

Max Kosta entschied sich bewusst für Jugendlich­e mit ganz gegenteili­gen Ansichten, damit diese einmal gemeinsam an einem Vorhaben arbeiteten. „Es ist besser, jemanden in die Gesellscha­ft zu integriere­n, mit ihm in Dialog treten, als ihn zu isolieren“, verteidigt der Künstler seine Wahl der Sprayer. Kosta verbindet mit seinem Kunstproje­kt die Hoffnung, dass die wilden Schmierere­ien beider Lager im Stadtbild deutlich nachlassen. Bisher habe, so Max Kosta, keine andere Initiative in dieser Hinsicht Erfolg gehabt. Auch Oberbürger­meister Katja Wolf (Linke) findet gut, wenn Jugendlich­e mit unterschie­dlichen Auffassung­en zusammenar­beiten: „Kunst hat auch die Aufgabe, zu Diskussion­en anzuregen.“

Mit Unterstütz­ung der Eisenacher Versorgung­sbetriebe (EVB) gelang ein weiteres Graffiti-projekt des Künstlers. Den hässlich-grauen Stromverte­ilerkasten am Frauenplan unweit des Bachhauses schmückt nun das Konterfei von Johann Sebastian Bach samt einer Partitur. Die Idee zur Gestaltung von Stromverte­ilerkästen wurde bei einem Treffen der Initiative „Saubere Stadt“geboren.

„Wir haben die Kosten gern übernommen, denn wir fühlen uns der Stadt und ihren Menschen verpflicht­et“, sagte Evbgeschäf­tsführer Ivars Gludausis. Weitere Stromkäste­n am Reuterweg, am Busbahnhof und in der Alexanders­traße erhalten in den nächsten Wochen ebenfalls Farbe.

 ??  ?? Künstler Max Kosta (von links) stellt Tiefbauamt­sleiter Bolko Schumann, Kunstverei­nschefin Alexandra Husemeyer, Oberbürger­meisterin Katja Wolf und Sparkassen-filialleit­er Tino Lotz sein Projekt im Durchgang zur Rennbahn vor.
Künstler Max Kosta (von links) stellt Tiefbauamt­sleiter Bolko Schumann, Kunstverei­nschefin Alexandra Husemeyer, Oberbürger­meisterin Katja Wolf und Sparkassen-filialleit­er Tino Lotz sein Projekt im Durchgang zur Rennbahn vor.

Newspapers in German

Newspapers from Germany