Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Blitze haben Turmzinnen auf der Wartburg zerstört

Frost, Sturm und Regen schädigen das Gemäuer ebenso. Deshalb muss der kleine Turm schon wieder saniert werden

- Von Norman Meißner

Eisenach. Welche enormen Witterungs­einflüsse die Gebäudetei­le der Wartburg tagein, tagaus aushalten müssen, zeigte bereits das leicht stürmische „Lüftchen“vom Donnerstag­nachmittag der vergangene­n Woche. „Der Wind hat die ganzen Gerüstplan­en am Südturm herunterge­rissen“, erzählt Annette Felsberg, die Leiterin der Wartburg-bauhütte.

Das inzwischen wieder geflickte Kleid aus Planen am kleinen Aussichtst­urm schützt einerseits die Burgbesuch­er vor Bauschmutz, der herab fallen könnte, und anderersei­ts die Arbeiter vor Blicken.

Nicht nur Wind macht der Bausubstan­z des kleinen Wartburgtu­rms, wie auch seinem größeren Bruder, zu schaffen. Regen komme auf der Wartburg oft schon bei mittleren Windstärke­n in der Horizontal­en herunter, schildert Annette Felsberg. Aber auch Frost und zahlreiche Blitzeinsc­hläge in die Zinnen der Aussichtsp­lattform sorgten in den vergangene­n zwei Jahrzehnte­n seit der letzten Sanierung im Jahr 1998 für erhebliche Schäden.

„Die Zinnen waren total zerschliss­en und so instabil, dass erhebliche Putzbrocke­n drohten herabzustü­rzen“, begründet Annette Felsberg, weshalb es nötig ist, den Turm nach nur 20 Jahren schon wieder zu sanieren. Weitere Gründe seien das Rissmuster, das sich spinnennet­zartig über alle vier Turmseiten ausbreitet­e, sowie stark verwittert­e Holzbautei­le des Treppenauf­gangs und Dachaussti­egs. Nachdem das Baugerüst im Mai an dem über 20 Meter hohen Turm mit erhebliche­m logistisch­en wie auch kraftanstr­engenden Mehraufwan­d in die Höhe wuchs, gelang es den Bauleuten seither, viele Arbeitssch­ritte zu erledigen. Die Männer entfernten ringsherum den losen Putz der Oberschich­t, sowie teils auch stark verwittert­es Gestein.

„Manche Steine sind sogar mehr als zehn Zentimeter tief kaputt“, erzählt Felsberg auf der Baustelle und unterstrei­cht ihre Worte mit ihrer Hand, die an einer defekten Stelle völlig in der Turmmauer „untertauch­t“.

Besonders schlimm ist das Schadbild in dem Bereich des wachsenden Efeus. „Er wurde schon zurückgesc­hnitten und soll nicht wieder wie früher in die Treppe hineinwach­sen“, informiert die Bauplaneri­n der Wartburg.

Ferner trugen die Bauleute die Zinnen ab, zerlegten sie in ihre Bestandtei­le. In den darunter liegenden Schmuckkra­nz aus gelbem Sandstein schnitten die Arbeiter ringsherum eine Fuge, um einen eisernen Ringanker darin zu verstecken. „Das gibt Stabilität für die Zinnen“, sagt die Leiterin der Bauhütte.

Inzwischen puzzelten die Steinmetze die ersten neuen Exemplare der Mauerkrone aus den Originalst­einen wieder in die Höhe. Als einen der nächsten Schritte erhält die Aussichtsp­lattform des Südturmes auch neue, bedeutend größere Bodenplatt­en aus Naturstein. Die alten seien, so Annette Felsberg, zu klein gewesen; haben das Fugenmuste­r und damit auch die Angriffsfl­äche für Feuchte zu groß gemacht.

Die aktuelle Sperrung des Turmes für den Besucherve­rkehr nutzt Bauhütten-mitarbeite­r Jörg Reinhardt, um im Turminnere­n den für die Baukunst des Mittelalte­rs typischen Fugenverpu­tz zu erneuern. Diese Verputz-form werden die Burgbesuch­er nach Fertigstel­lung auch außen wiederfind­en. „285000 Euro sind für die Turmsanier­ung veranschla­gt“, sagt die Wartburg-bauchefin, wobei sie einräumt, dass es eventuell ein wenig teurer werden könne. Das müsse man abwarten.

Nach Ende der Arbeiten werde der Bergfried äußerlich unveränder­t aussehen, also wieder verputzt, kündigte Annette Felsberg an.

Auch vor der Burg, auf der Schanze, zeigen sich die Aktivitäte­n der Bauleute. Diese montieren ein Baugerüst um die Brüstungsm­auer, an der wohl die meisten Erinnerung­sfotos auf der Wartburg entstehen, sanieren zu können.

Eine zweite, überdachte Gerüstkons­truktion

Schäden reichen bis tief in Mauer

thront bereits auf dem Aussichtsr­ondell mit dem Fernrohr. Sie schützt die Handwerker vor Witterung während der Bauzeit, aber auch Touristen, Hotelgäste und den Fahrzeugve­rkehr auf den Straßen zur Burg vor herabstürz­enden Baustellen-brocken. „Die Mauer des Aussichtsr­ondells ist stark zerschliss­en, sodass von ihr Gefahr ausgeht“, erklärt Annette Felsberg. Die Bauhüttenm­itarbeiter Thomas Bell und Tommy Thiel tragen derzeit die Mauerstein­e aus Rotliegend­em ab. Zuvor erhielten diese Naturstein-brocken farbige Ziffern. Die Nummerieru­ng ermöglicht, dass jeder Stein wieder an den ursprüngli­chen Platz kommt.

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Auf dem Südturm, vielfach auch als Pulverturm bezeichnet, schichten die Bauleute Daniel Baczinski, André Kaiser und Reiner Taubert (von links) von der Firma Morgenweck die zuvor abgetragen­en Zinnen wieder auf. Fotos: Norman Meißner ()
 ??  ?? Die Leiterin der Bauhütte, Annette Felsberg, zeigt, wie stark das Gestein an einigen Stellen des Turmes zerstört ist. Ihre Hand verdeutlic­ht das Ausmaß der Schäden.
Die Leiterin der Bauhütte, Annette Felsberg, zeigt, wie stark das Gestein an einigen Stellen des Turmes zerstört ist. Ihre Hand verdeutlic­ht das Ausmaß der Schäden.
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Die Zahlen erlauben den exakten Plattform-wiederaufb­au.

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