Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Wir haben uns in die Abhängigke­it von den USA begeben

Die Stationier­ung von Thüringer Soldaten an der Grenze zu Russland löst großes Unverständ­nis aus

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Vorige Woche hieß es in meiner Zeitung „Thüringer übernehmen Kommando – Panzerbata­illon seit gestern in Litauen“. Zuvor zeigte die Zeitung ein Bild der Verteidigu­ngsministe­rin: „70 Millionen nach Erfurt für Militär“. Auf einer anderen Seite hieß es: „Panzer bald in Litauen im Einsatz“.

Können sie sich vorstellen, was solche martialisc­hen Sätze in mir auslösen?

Ich bin 84. Ich habe erlebt, wie am 1. September 1939 das Ludwigslus­ter Reiterregi­ment in den Polen-feldzug verabschie­det wurde. Ich kann mich an die Sondermeld­ung erinnern, als der Kampf um Stalingrad beendet war. Mein Vater machte auf dem Russland-feldzug den Rückzug der deutschen Truppen mit. Er musste in jedem Dorf, dass die Wehrmacht aufgab, Stroh in die Häuser tragen und anzünden. Er war Mittäter.

Und heute? Wir Ostdeutsch­en hatten nach 40 Jahren DDR die Kraft, unseren Versuch, die Katastroph­e zu bewältigen, infrage zu stellen. Damit haben wir die Möglichkei­t geschaffen, wieder ein Volk zu werden. Das war ein riesiger Gewinn für alle Bürger des nun vereinten Deutschlan­d.

Für die Bürger der DDR war es Gewinn und Verlust. Uns gelang eine großartige friedliche Revolution, aber wir hatten leider nicht die Kraft, die Dinge zu beeinfluss­en, die heute für solche Schlagzeil­en sorgen, wie eingangs zitiert. Wir haben uns gemeinsam in die völlige Abhängigke­it von den USA begeben. Wir müssen eine Politik mit machen, die nach dem Zerfall der Sowjetunio­n unser Leben bestimmt. Dafür fahren Thüringer Soldaten nach Litauen.

Das alles wegen einer angebliche­n Bedrohung durch Russland. Ich sehe leider nicht mal im Ansatz einen Impuls von Politik und Medien, die ständig wiederholt­e Dialogbere­itschaft in die Tat umzusetzen. Ekkehard Kiesewette­r, Weimar dem Deckmantel Nato bringt. Man möchte einfach nicht glauben, dass die deutsche Regierung mit der Teilnahme an diesem Nato-einsatz nicht die Gefahr erkennt, die unserem Land drohen könnte. Man sollte sich schnellste­ns von dieser unseligen Trump-politik trennen.

Da ja unser Fernsehen manchmal amerikanis­che Filme über den Vietnamkri­eg zeigt, wo deutlich dargestell­t wird, wie dort mit Menschenle­ben umgegangen wurde, kann sich wohl jeder vorstellen, wie ein Krieg mit diesen Soldaten als Verbündete aussehen wird.

Wir können momentan nicht mit Zuversicht in die Zukunft schauen. Die Trockenper­iode und die Trump-politik wird uns noch sehr zu schaffen machen. Wir sind aber nur gegen die Trockenper­iode machtlos! Dietmar Wölfel,

Amt Wachsenbur­g

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