Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Brüderlicher Wettstreit der Instrumente
Achava-orchester erobert Peterskirche im Sturm
Thüringer Allgemeine
Erfurt. Manchmal grooven sie, bis dass die Kirchenbalken zittern, dann wiederum schälen sich zarte Pianotöne aus dem Klanggerüst, sensibel und doch virtuos, als würde eine Fantasie ausgelebt. Vielleicht der Traum von der Brüderlichkeit? Aber nicht Beethovens himmlischer, sondern ein Fußballchören abgelauschter bodenständiger Gesang hat das israelische Youngster-trio „Shalosh“zu seinem Werk inspiriert. Eine jazzige Improvisation der Liverpooler Stadionhymne „You’ll never walk alone“schwingt im sakralen Raum.
Die Steilvorlage nehmen Joscho Stephan und seine Gypsy-band dankbar auf. Dass der deutsche Jazzgitarrist mit Romawurzeln auch für eine Wohnungsgenossenschaft swingt, mag überraschen, tut aber der Faszination seines Spiels keinen Abbruch. Im Gegenteil: Als mit Helmut Eisel nun auch Klezzmer ins Spiel kommt, wetteifert er famos mit dessen Klarinette. Und auch beim nächsten Staffelwechsel – auf die Gypsys folgt das Folklore-ensemble des Budapester Romano Glaszo Projects – leben die Akteure den Leitgedanken des Achava-festivals musikalisch vor: ein bereicherndes Miteinander von Sprachen, Kulturen und Religionen. Eine ganze Amada von Gitarristen bevölkert die Bühne, und heller Mädchengesang geht, nun ja, zu Herzen.
Auch wenn es schon die vierte Auflage des Welten verbindenden Achava-fests ist, die am Donnerstagabend in der Erfurter Peterskirche eröffnet wurde, die magische Zahl lautet dennoch „drei“. Nicht nur, dass „Shalosh“, der Name der Newcomer aus Tel Aviv, drei bedeutet. Es standen auch Formationen aus drei Ländern – zum Schluss sogar gemeinsam – auf der Bühne. Da wird es eng, und doch findet auch Julian Dedu, Konzertmeister der Philharmonie Gotha-eisenach, noch Platz, der seine Geige auch forsch und frei nach Gypsy-art zu spielen vermag.
Was für ein Auftakt, der die Besucher zu Begeisterungsstürmen hinriss. Was für ein Ort, der mit seinem rustikalen, geschichtsträchtigen Ambiente künstlerische Begegnungen regelrecht herauszufordern scheint. Das vielstimmige Achava-orchester hat die Peterskirche hoch über der Stadt im Sturm erobert.
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Aufgrund des schlechten Wetters findet am Sonntag das Achava-straßenfest von bis Uhr komplett in der Erfurter Peterskirche statt. Eintritt frei.