Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Bessere Noten mit mehr Frische und Lebendigkeit
175 J B (5) Die Entwicklung vom Großherzoglichen Realgymnasium zur Ernst-abbe-schule
Eisenach. Im letzten Jahrzehnt des 19.Jahrhunderts wurde an der Schule u.a. der Neugestaltung des neusprachlichen Unterrichts (englisch und französisch) große Aufmerksamkeit gewidmet.
Der zuständige Lehrer der Schule, Dr. Löwisch, erläuterte die diesbezüglichen Reformbestrebungen in einem längeren Beitrag zum Jahresprogramm 1896. Oberstes Ziel seien bessere Durchschnittsleistungen der Schüler, die durch mehr „Frische und Lebendigkeit des Unterrichts“, aber auch eine Motivation einer „möglichst große Anzahl Schüler zu freiwilliger Mitarbeit“erreicht werden sollten. Die Gestaltung der Ansprüche solle altersangemessener nach „gewissenhafter psychologischer Prüfung“der Schüler, erfolgen. Schließlich sollten die Schüler nach längerer Unterbrechung des Unterrichts da abgeholt werden, wo sie gerade stehen.
Die an vorderer Stelle beschriebene, durch kontinuierlich wachsende Schülerzahlen verursachte räumliche Enge war Anlass für einen Schulbesuch am 7. Juni 1895. Der Geheime Staatsrat, Dr. von Boxberg und der Oberschulrat Dr. Leidenfrost, besichtigten die Baulichkeiten des Eisenacher Realgymnasiums, um sich „…aus eigener Anschauung über die Frage eines Erweiterungsbaues zu unterrichten.“ Vom Landtag bewilligte Mittel standen im Staatsministerium bereit, um das Gebäude in der Schmelzerstraße 19 um ein drittes Stockwerk zu erweitern. Statische Bedenken führten jedoch ersatzweise zu dem Plan, einen Seitenflügel anzubauen, der im Sommer 1896 vollendet werden solle, damit „…dem drückenden Raummangel auf längere Zeit abgeholfen werde.“(Jahresbericht 1895/96).
Aus den Verfügungen des Großherzoglichen Staatsministerium ist unter dem Datum 7. Februar 1902 zu entnehmen, dass „mit Rücksicht auf die im Berechtigungswesen eingetretenen Veränderungen auf den Reifezeugnissen künftig die Worte ‚das zum Studium der Mathematik, der Naturwissenschaften und der neuen Sprachen berechtigt’ in Wegfall kommen.“Damit wurde eine Entwicklung konsequent fortgesetzt, die 1889 mit der gegenseitigen Anerkennung der Reifezeugnisse von Realgymnasien und humanistischen Gymnasien begann.
Auch der Status der fest angestellten wissenschaftlichen Lehrer an Gymnasien, Realgymnasien und Realschulen erfuhr durch eine Verfügung des zuständigen Staatsministeriums vom 6. November 1902 eine Aufwertung: „Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben gnädigst zu bestimmen geruht, daß die fest angestellten wissenschaftlichen Lehrer der staatlichen Gymnasien, Realgymnasien und Realschulen künftig hin die Amtsbezeichnung ‚Oberlehrer‘ führen“, heißt es wörtlich dort. (Jahresbericht 1902/03).
Am 18. Oktober 1903 verstarb im Alter von 84 Jahren „…nach einer friedlich und schön verbrachten Ruhezeit von 16 Jahren“der zweite Direktor des Großherzoglichen Realgymnasiums, Hofrat Prof. Dr. Gustav Koepp, der von 1851 bis 1887 die Einrichtung leitete. „Ihm war die Durchführung und die Erweiterung der realistischen Bildung zum Lebenszweck geworden“heißt es in einer Würdigung des Lebenswerkes im Jahresbericht 1904 der Schule.
Schließlich begann zum Schuljahr 1904/05 ein junger Lehrer sein erfolgreiches Wirken am Eisenacher Realgymnasium, der es dort bis zum Direktor in der Nachfolge des Prof. Frerichs bringen sollte.
Georg Friedrich Kühner stammte aus Frankfurt am Main, wurde am 14.Februar 1872 daselbst geboren, studierte u.a. in Leipzig, Berlin, London und Freiburg/br. Englisch, Französisch, Italienisch, Germanistik und Philosophie. Nach erfolgreichem Abschluss des Lehrerstudiums und erfolgter Promotion kam er über mehrere Station (Baden-baden, Gera) schließlich 1904 nach Eisenach. Seine Ernennungen zum Professor im Jahre 1912, zum Oberstudienrat 1922 bzw. zum Oberstudiendirektor 1923 waren Bestätigung für eine vielfältige und erfolgreiche Tätigkeit in Schule und Stadt Eisenach. Mehrfach erscheint in den Jahresberichten vor dem 1. Weltkrieg (1908, 1909, 1910, 1911) eine Ermunterung an die Schüler und deren Eltern, dem Turnunterricht eine größere Aufmerksamkeit zu widmen, um die „…körperliche Ausbildung und die Kräftigung des Willens“der Schüler zu befördern. Ja, es ist sogar von einer „…ernsten Pflicht“die Rede, den Eltern anzuraten, „…nur in den allerdringendsten Fällen“eine Befreiung durch eine ärztliche Bescheinigung zu erwirken.
Erleichterungen gab es dagegen im Musikunterricht: Am 9. Dezember 1907 erschien durch das Staatsministerium die Mitteilung, dass im Stimmwechsel befindliche Schüler vom Gesangsunterricht zu befreien sind.
Häufige Nachfragen seitens der Eltern und ein starkes Angebot an Nachhilfestunden, selbst in den Ferien, „…wo doch die Schüler von Lern- und Schulsorgen befreit sein sollten“bewegten den Direktor des Eisenacher Realgymnasiums, Prof. Frerichs, im Jahre 1909 zu längeren Ausführungen. Nachhilfestunden seien demnach „…nur in einzelnen Fällen und unter besonderen Umständen von Nutzen, und dann werden sie auch von der Schule empfohlen und vermittelt. Meist verursachen sie eher eine Schädigung, als die rechte Förderung der Schüler!“Im weiteren Verlauf führte er aus, dass das „Sitzenbleiben“weder ein Unglück noch eine Schande sei, die Lehrer würden lieber versetzen, als einen Schüler in der Klasse zurückbehalten. (Jahresbericht 1908/09).
Die Statik erlaubt kein weiteres Stockwerk
Gerhard Lorenz war bis Direktor am Ernst-abbe-gymnasium in Eisenach. Die vorangegangenen Teile (-) erschienen am . und . August sowie . und . September. Die Serie wird fortgesetzt.