Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Im Wohnmobil zu Gast auf
Mit dem Netzwerk „Landvergnügen“kann man regionale Produkte genießen und Natur pur erleben
Wir reisen mit dem Wohnmobil durch Deutschland, wollen wandern, baden, Rad fahren, die Natur erleben. Zu etwas Besonderem wird unser Trip, weil wir mit „Landvergnügen“unterwegs sind: Nicht Campingplätze oder die vielerorts von Gemeinden angebotenen Stellplätze sind unser Ziel, sondern Bauern- und Gasthöfe, Weingüter und sogar Straußenfarmen. Rund 600 solcher Anbieter beteiligen sich derzeit am „Landvergnügen“und bieten Stellplätze für Wohnmobile oder Wohnwagen. Reisende dürfen für 24 Stunden kostenlos zu Gast sein.
Das Konzept stammt aus Frankreich, auf Deutschland übertragen hat es der Berliner Ole Schnack, der mit seiner Familie 2012 im Wohnmobil mit „France Passion“durch Frankreich reiste und von der Idee begeistert war. 2014 war der erste „Landvergnügen“-führer fertig. Wer das Konzept als Reisender nutzen möchte, kauft sich ein Buch, das eine Vignette enthält und den Zugang zur App ermöglicht.
Unser geliehenes Gefährt steht mal unterm Apfelbaum, mal am Weinberg und gleich zweimal direkt an einer Burg. Auf dem Bio-hof Kohler im Westallgäu schweift unser Blick vom Bett aus etliche Kilometer weit über die Landschaft. Immer gibt es Wander- und Radwege, die direkt vor der Tür beginnen. Immer stehen wir umgeben von ganz viel Grün, können uns im Hofladen mit regionalen Produkten eindecken oder im Restaurant des Gastgebers essen.
Oft gibt es Tiere: Am Freilandschweinbiohof in Gömnigk (Brandenburg) sind es quietschvergnügte Ferkel, am Weingut Thürkind in Gröst (Thüringen) begleitet die Hundedame des Hauses uns auf Ausflüge, und am Weingut Schloss Saaleck in Hammelburg (Bayern) bringen wir flauschig-weiße Minihühner ins Bett.
Wer einen Hof ausgewählt hat, meldet sich einige Stunden vorab beim Gastgeber und fragt, ob es freie Plätze gibt. Mit dem Anspruch, überall herumstöbern und alles nutzen zu können, sollten Gäste aber nicht anreisen. „Es ist ein Gast-gastgeber-netzwerk, kein Kunde-anbieterkonzept“, betont Schnack.
Klar muss den Nutzern von „Landvergnügen“auch sein, dass sie nicht zwingend die Ordnung prämierter Campingplätze erwartet: Auf Höfen können Fliegenschwärme unterwegs sein, einige sind vielleicht unordentlicher als man selbst schön fände, mitunter ist die nahe Autobahn gut zu hören. Und gerade direkt an Hauptverkehrswegen kann es in Ferienzeiten schwierig sein, sofort einen freien Platz finden.
„Die Anzahl der Bücher und Vignetten ist reglementiert“, erklärt Schnack. „Wir wollen das Netzwerk nicht zum Platzen bringen.“Derzeit habe jeder Gastgeber im Mittel etwa 60 Gäste jährlich, meist Familien oder ältere Paare. Vergleichsweise wenig Anbieter gibt es in östlichen Regionen wie Sachsen und Sachsen-anhalt. „Dafür sind das oft spannende Höfe, wo ungewöhnliche Ideen umgesetzt werden“, so Schnack. Im Westen und Süden dominieren kleine, oft seit Generationen von einer Familie geführte Betriebe.