Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Mit dem E-tron
In San Francisco versucht Audi mit der Premiere eines vollelektrischen SUV gegen die Konkurrenz von Tesla zu punkten. Plattformtechnisch teilt der E-tron seine Gene aber mit dem Quattro
Auch Audi startet nun die Aufholjagd gegen Tesla. Mit dem Elektro-crossover E-tron wollen die Ingolstädter Kunden mit Sinn für Luxus, Leistung und lokale Emissionsfreiheit locken – und das so schnell wie möglich: Die ersten Autos kommen bereits Ende des Jahres auf die Straße, die Preise starten bei knapp 80 000 Euro. Vorgestellt wurde der marktreife E-tron allerdings nicht wie zunächst geplant in Brüssel – wo er auch im dortigen Vw-werk montiert wird – sondern im kalifornischen San Francisco, quasi direkt vor der Haustür von Tesla-chef Elon Musk. Frei nach dem Motto: Wir in Ingolstadt wissen, wo unsere Hauptkonkurrenz sitzt – und die zahlungskräftigste Kundschaft in Sachen Emobilität.
Der E-tron nimmt allerdings nicht allein Teslas Elektro-suv Model X ins Visier, sondern auch das ganze Spektrum europäischer Widersacher vom kürzlich vorgestellten Mercedes EQC bis zum bereits erhältlichen Jaguar I-pace. Preis und technische Daten des E-auto-trios liegen dann auch auf bemerkenswert ähnlichem Niveau. Auch die Leistung bewegt sich auf Augenhöhe: Der Audi wird von zwei Elektromotoren mit bis zu 300 kw/408 PS Leistung und einem Drehmoment von 660 Nm angetrieben, der nötige Strom kommt aus einem 95 kwh großen, flüssiggekühlten Akku im Fahrzeugboden und soll im Mittel rund 400 Kilometer weit reichen.
Im E-tron kommt erstmals Audis neu entwicklter elektrischer Allradantrieb zum Einsatz, der die Antriebslast flexibel zwischen beiden Achsen verteilt. Wobei aus Gründen des Wirkungsgrades meist die hintere E-maschine zum Einsatz kommt. Es sei denn, das Pedal wird voll durchgetreten. Bei Audi heißt es dazu: „Fordert der Fahrer mehr Leistung an, als die hintere E-maschine bereitstellen kann, verschiebt der elektrische Allradantrieb die Momente bedarfsgerecht auf die Vorderachse“
Wirklich neue Maßstäbe setzt Audi hier zwar nicht, kann aber zumindest das deutlich ältere und rund 15 000 Euro teurere Model X auf Distanz halten. Wichtigstes Thema jenseits der Fahrleistungen bleibt das Tanken. Audi bemüht sich, potenziellen Kunden die Bedenken zu nehmen und baut gemeinsam mit anderen deutschen Herstellern ein europaweites Ultraschnellladenetz auf. An den Säulen kann der E-tron mit bis zu 150 kw Ladeleistung tanken, der Akku ist dann in rund einer halben Stunde wieder zu 80 Prozent voll. Weil das Netz noch sehr lückenhaft ist, werden Kunden in der Realität allerdings zunächst häufiger auf die üblichen Ccs-schnellladesäulen treffen, die zwei bis drei Stunden zum Volltanken benötigen. Laut Audi werden die meisten Kunden den E-tron jedoch ohnehin in der heimischen Garage an die Wallbox anschließen, wo der Ladevorgang rund achteinhalb Stunden dauert. Ab 2019
soll ein zweiter Onboard-lader zu haben sein, der die Ladedauer an der Wallbox und an öffentlichen Wechselstrom-ladesäulen halbiert. Wer die großen Akkus trotzdem lieber an der einfachen Schuko-steckdose laden möchte, sollte das Auto knapp zwei Tage nicht nutzen wollen.
Der E-tron ist der erste Serien-audi mit reinem Elektroantrieb. Technisch basiert er aber noch nicht auf der gemeinsam mit Porsche entwickelten Premium-elektroplattform MEB, sondern auf dem normalen Modellbaukasten der Marke – sein nächster Verwandter ist das Mittelklassesuv Q5. Doch das Label E-tron wird bald schon breit aufgestellt sein: Audi will bis 2025 gleich zwölf Autos mit reinem Eantrieb im Angebot haben, die auf der neu entwickelten Plattform basieren. Erstes Modell der Stromer-offensive ist der nun vorgestellte Crossover E-tron. 2019 soll dann die Coupé-ableitung E-tron Sportback folgen, dann der Sportwagen E-tron GT. Am Ende wird das Portfolio von der absatzstarken Kompakt- bis in die exklusive Oberklasse reichen, und dabei sowohl SUVS als auch Limousinen und Kombis umfassen.
Die Elektroautomarke E-tron hob Audi übrigens schon 2009 aus der Taufe. Gebaut wurde damals jedoch nur der R8 E-tron in Kleinserie. Ende 2012 kippte der Hersteller seine E-autostrategie komplett– die Zeit sei noch nicht reif für E-autos. Am Neustart ist nun wohl nicht nur Elon Musk schuld, sondern auch die Dieselkrise.