Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Barley will Lösung bei Paragraf 219a
Bundesjustizministerin appelliert an Merkel im Streit über Werbeverbot bei Abtreibung
Berlin/gießen. Vor dem Berufungsprozess gegen die Allgemeinärztin Kristina Hänel drängt Justizministerin Katarina Barley (SPD) auf eine Neuregelung des Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch. „Ärztinnen und Ärzte brauchen hier dringend Rechtssicherheit“, damit sachliche Information möglich sei, sagte Barley dieser Redaktion. Das zeigten die Verfahren, die wegen des Paragrafen geführt werden, erklärte Barley unter anderem im Hinblick auf Hänel. Paragraf 219a stellt das Werben für Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe, nach Meinung von Kritikern aber auch die sachliche Information.
Sie sei optimistisch, dass „noch in diesem Herbst“eine Lösung in der Koalition gefunden werde, sagte die Ministerin. „Hier vertraue ich auch auf das Wort der Kanzlerin, die zugesagt hat, eine gute Lösung für alle Beteiligten zu finden.“Barley leitet eine Gruppe von Kabinettsmitgliedern, die einen Kompromiss aushandeln sollen.
Ausgelöst hatte den Streit der Fall der Gießener Ärztin Kristina Hänel, die auf ihrer Website darüber informiert, dass auch Schwangerschaftsabbrüche zu ihren Leistungen gehören. Das Amtsgericht Gießen hatte sie deswegen im November 2017 zu 6000 Euro Strafe verurteilt, weil es den Tatbestand der unerlaubten Werbung für Abbrüche erfüllt sah. Über Hänels Berufung wird am Freitag verhandelt.
Der Fall löste eine öffentliche Debatte aus über die Frage, ob und wie es Ärzten möglich sein soll, darüber zu informieren, dass sie Abbrüche durchführen. Die Unionsparteien halten an dem Paragrafen fest. Grüne und Linke fordern die vollständige
Barley Streichung, FDP und SPD plädieren für eine Reform.
Hänel selbst hält den Paragrafen für mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. In seiner jetzigen Form wirke er wie ein Maulkorb und führe zu einer Schieflage, da Abtreibungsgegner in ihren Behauptungen von der Meinungsfreiheit geschützt seien.
In Kassel sind gleich zwei Frauenärztinnen angeklagt. Die Gynäkologinnen Natascha Nicklaus und Nora Szász hatten auf ihrer Internetseite Schwangerschaftsabbruch als medizinische Leistung aufgeführt und waren deswegen angezeigt worden. Nachdem ein erster Verhandlungstag ergebnislos zu Ende gegangen war, wird ihr Verfahren nun am 28. Januar 2019 neu aufgerollt. (mit dpa)