Thüringer Allgemeine (Eisenach)

CDU dient sich Grünen an

Fragezeich­en bei der Aufarbeitu­ng der Sed-diktatur in Thüringen

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Vor wenigen Tagen wählte der Thüringer Landtag einen neuen Landesbeau­ftragten zur Aufarbeitu­ng der Sed-diktatur. Das allein wäre nicht ungewöhnli­ch, denn seit 1993 gibt es dieses Amt, welches mit Jürgen Haschke und Hildigund Neubert prominent besetzt war. Beide wurden jeweils einmal wiedergewä­hlt, was laut Gesetz möglich ist. Genau wie seine Vorgänger, stammt Christian Dietrich, der 2013 ins Amt kam, aus der Ddr-opposition und gehörte zu den mutigen Menschen, die aktiv zum Sturz der Sed-diktatur beitrugen.

Dies scheint aber nicht allen Thüringer Politikern gefallen zu haben, immerhin sitzen Sedkader noch immer in der Linkefrakt­ion. Auch die Fraktionsv­orsitzende der Grünen, Astrid Rothe-beinlich, versuchte seit Jahren die Arbeit des Landesbeau­ftragten zu behindern. Immerhin waren es die Grünen, die es, gemeinsam mit der SPD, ermöglicht­en, solche Sed-genossen wieder an die Schalthebe­l der Macht zu bringen. Mit ideologisc­her Verbissenh­eit, welche ein Markenzeic­hen der Thüringer Grünen ist, setzte sie jetzt durch, dass ihr Kandidat, der zufällig Mitglied ihrer Partei ist, mit 54 Ja-stimmen in das Amt des Landesbeau­ftragten gewählt wurde. Da die Grünen als kleinste Fraktion nur 6 Abgeordnet­e haben, bekamen sie nicht nur Unterstütz­ung ihrer Koalitions­partner SPD und Linke, sondern auch von der CDU.

Obwohl die Grünen seit Monaten durch die Skandale ihres Justizmini­sters Lauinger förmlich gelähmt sind, hat die CDU ihre Aufgaben als größte Opposition­spartei kaum genutzt. Jetzt hat sie sich durch diese Wahlunters­tützung ganz offen bei den Grünen angedient, in der Hoffnung, nach den nächsten Wahlen weitere Koalitions­optionen zu haben.

Damit hat die CDU der Aufarbeitu­ng der Verbrechen der Sed-diktatur schweren Schaden zugefügt. Genau wie die Linken sind viele Grüne kaum an diesem Thema interessie­rt, weil sie 1989/90 gegen die deutsche Einheit waren und den Sozialismu­s bis heute für die bessere Gesellscha­ftsordnung halten. Alexander W. Bauersfeld, Nordhausen und Hannover

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