Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Trotz Haftbefehl auf freiem Fuß
497 Rechtsextreme werden in Deutschland polizeilich gesucht
Berlin. In Deutschland sind 497 Rechtsextreme auf freiem Fuß, obwohl sie polizeilich gesucht werden. Insgesamt gab es Ende März 657 sogenannte offene Haftbefehle, da gegen einige mehrere Haftbefehle vorliegen, die trotz Fahndung nicht vollstreckt werden konnten. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linke-fraktion hervor, die unserer Redaktion vorliegt.
44 verdächtige oder verurteilte Straftäter hielten sich nach Informationen der Behörden im Ausland auf. Ob sie untergetaucht sind, sich also vorsätzlich abgesetzt und den Fahndern entzogen haben, darüber machte die Regierung keine Angaben. Bundesweit gehen die Behörden sogar von 185.000 offenen Haftbefehlen aus. Die Grünen-politikerin Irene Mihalic sagte unserer Redaktion, „es fehlt derzeit jegliche Anstrengung seitens der Innenminister, das Problem koordiniert anzugehen, damit man den seit 2014 weiter anwachsenden Berg der offenen Haftbefehle Stück für Stück abtragen kann“. Sie forderte die Innenminister von Bund und Ländern auf, eine Strategie vorzulegen, „wie sie dieses Vollstreckungsdefizit überwinden wollen“. Seit der letzten Erhebung im September 2018 ist die Zahl der Haftbefehle – von 605 auf 657 – wie der Gesuchten – von 467 auf 497 – im rechten Milieu gestiegen. Zum Vergleich: Vor fünf Jahren waren 253 Neonazis zur Fahndung ausgeschrieben. Die Zahlen steigen, obwohl die Behörden nicht untätig waren.
Allein zwischen Oktober 2018 und März 2019 waren 305 Haftbefehle vollstreckt worden. „Der polizeiliche Fahndungsdruck auf die Neonaziszene zeigt ganz offensichtlich wenig abschreckende Wirkung“, beklagte die Linken-politikerin Ulla Jelpke.
In 18 Fällen lagen Gewaltdelikte vor, überwiegend Körperverletzungen und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. In 90 Fällen bestanden Haftbefehle gegen Straftaten mit politisch rechter Motivation, zum Beispiel Volksverhetzungen, Beleidigungen und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. „Die übrigen Fälle sind dem Bereich der Allgemeinkriminalität zuzuordnen wie Diebstahl, Betrug, Verkehrsdelikte“, erläutert die Bundesregierung.