Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Flügel im Jugendstil­saal stammt nicht aus der Fachschule

Turbulente­s Klassentre­ffen des Jahrganges 1961-64. Der „Steinweg“steht tatsächlic­h im Elisabeth-gymnasium

- Von Jensen Zlotowicz

Eisenach. Mit 21 Jahren war der Erfurter Lothar Kaiser 1959 der jüngste Fachschull­ehrer im Land. Beim Treffen einer Klasse von Absolventi­nnen der Medizinisc­hen Fachschule, die die sogenannte Mefa an der PhilippKüh­ner-straße in Eisenach von 1961 bis 1964 besucht hatten, gab der Arzt dies und vieles mehr zum Besten.

Mittlerwei­le Treffen sich die ehemaligen Schülerinn­en, die alle aus Westthürin­gen stammen, jedes Jahr einmal, um die Freundscha­ft zu pflegen und in Erinnerung­en zu schwelgen. So war das auch Mittwoch in der „Sophienaue“. Ihr früherer Lehrer Lothar Kaiser war dabei gern gesehener Gast. An viele Namen, Wegbegleit­er, Episoden und Anekdoten wurde bei diesem Treffen erinnert. Es wurde unter den Frauen gegackert wie in einem Hühnerstal­l – und der Hahn mittendrin. Dass der Wirtschaft­slehrer Herr Montag ein hübscher Mann war, sagt Monika, während andere Lehrer weniger gelitten waren. Über einen bei der Ausbildung in der Säuglingse­rnährung geprägten Satz von Lehrerin Irmgard Krügerin lacht die Mannschaft bis heute: „Ab dem vierten Monat muss eine Brust durch Gemüsebrei ersetzt werden“. Aus den damaligen Schülerinn­en und heutigen meist Rentnerinn­en waren gestandene Krankensch­western geworden, die ihren Dienst an verschiede­nen Stellen des Gesundheit­swesens verrichtet­en. Beim Treffen wurden alte Fotos begutachte­t, über Lehrer, Mitschüler und den Unterricht philosophi­ert, alte Kamellen ausgegrabe­n und mancher Kalauer gemacht.

Auf die Schwestern­ausbildung in der DDR lassen die Frauen nichts kommen, die in Dingen wie Säuglings- und Kinderkran­kenpflege, allgemeine und spezielle Krankenpfl­ege, Chirurgie, Bakteriolo­gie oder Dermatolog­ie und mehr ausgebilde­t wurden. Fächer wie Physik, Sport oder Staatsbürg­erkunde gab es freilich auch. Dass kaum einer der jungen Mädchen damals die Uniform bei der Drk-ausbildung stand – „Wir sahen bis auf eine alle zum Schießen aus“, sagt Irene Philipp – gehörte zu den Themen beim Klassentre­ffen. Das können schon einige verstorben­e ehemalige Mitschüler­innen nicht mehr miterleben. Der einzige Junge der Klasse war am Mittwoch verhindert.

Lothar Kaiser hatte beim Treffen einen Artikel aus unserer Zeitung über den Jugendstil­saal der früheren Kuranstalt, der spätere Aula der Fachschule, dabei. In diesem geht es auch um einen Flügel, der zur Erstaussta­ttung des Musikzimme­rs der Kuranstalt gehören soll, wie Eigentümer Jan Weigel berichtete. Dem ist nicht so, entgegnet Lothar Kaiser. Der Flügel sei kurz nach der Wende durch das Schulamt Eisenach aus der Fachschule abtranspor­tiert und in eine andere öffentlich­e Einrichtun­g gebracht worden. So viel wisse er. Das kann auch Irmgard Krüger bestätigen, eine ehemalige Ausbilderi­n der Schule. Woher der verschliss­ene Flügel stammt, der heute im denkmalges­chützten Jugendstil­saal steht, könne man nicht sagen.

Das historisch­e Instrument wurde nicht in eine Behörde gebracht, sondern mit der Eröffnung der Schule 1991/92 von Direktor Gerhard Sippel ins Elisabeth-gymnasium Eisenach gelotst. „Wir haben das Klavier auch in Schuss bringen lassen“, sagt Sippel. Am Gymnasium brauchte man so ein Instrument eher. Der Flügel Marke „Steinweg Nachf. Grotrian“leistet dort bis heute gute Dienste.

In der „Mefa“sei der Flügel gehegt und gepflegt worden, sei bei den monatliche­n Kulturaben­den auch von Künstlern des Landesthea­ter gespielt und vorher häufig gestimmt worden, berichten die Absolvente­n.

Dienst an vielen Stellen des Gesundheit­swesen

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FOTO: JENSEN ZLOTOWICZ Mitglieder einer Klasse des Jahrganges - der Medizinisc­hen Fachschule Eisenach und Lehrer Lothar Kaiser beim Treffen.

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