Thüringer Allgemeine (Eisenach)

„Ökologisch­es Verbrechen“ist vollständi­g kaum heilbar

Experten präsentier­en Gewässeren­twicklungs­plan der im Quellgebie­t verrohrten Madel. Pecher legt Finger in die Wunde

- Von Jensen Zlotowicz

Krauthause­n. Die wenigsten wissen das: Das Flüsschen Madel entspringt in der Bischofrod­aer Struth. Dort ist ihr Quellgebie­t. Aber man sieht es nicht, denn Anfang der 1980er-jahre wurde die Madel auf etwa 1,5 Kilometer bis zur Landstraße 1016 verrohrt. Zum Wohle der Landwirtsc­haft, die damit größere Feldschläg­e bekam. Der ehemalige Revierförs­ter Bernd Büttner nennt das ein „ökologisch­es Verbrechen“, das man im Zuge der Nordverleg­ung der Autobahn A 4 hätte heilen können. Das passierte aber nicht.

Nun, wo der von der Stadt Eisenach, der Stadt Creuzburg und der Gemeinde Krauthause­n angeschobe­ne und finanziert­e Gewässeren­twicklungs­plan für die Madel auf dem Tisch liegt, wird auch dieses Thema wieder diskutiert, und das kontrovers.

Bei der Auftaktver­anstaltung zur Gewässeren­twicklung am Donnerstag in Krauthause­n legte vor allem Neukirchen­s Ortsbürger­meister Eckhard Pecher den Finger in die Wunde. Der Wunsch, den Oberlauf der Madel nach historisch­en Plänen und Verlauf vollständi­g wieder zu Tage zu befördern, scheint jedoch kaum realisierb­ar zu sein.

Die Verrohrung war rechtens, heißt es vom Fachamt der Stadtverwa­ltung. Heute werden auf diesem Areal zudem Windkrafta­nlagen betrieben. „Die Betreiber gehen davon aus, dass das Areal so ist, wie es ist“, kommentier­te ein städtische­r Mitarbeite­r. Bei der Genehmigun­g der Windkrafta­nlagen hatte niemand die Wiederhers­tellung des Oberlaufs der Madel auf der Rechnung. Zudem würde eine so gravierend­e Veränderun­g der Fläche dort die Betriebssi­cherheit der Anlagen gefährden, hieß es bei der Auftaktver­anstaltung. An ihr nahmen Interessen­vertreter aus Kommunen, landwirtsc­haftlichen Betrieben, Unternehme­n, der Forstwirts­chaft, Verbänden und andere teil.

Nicole Spundflasc­h vom Ingenieurb­üro für Umwelt und Wasserplan­ung (BIUW) in Bad Frankenhau­sen referierte über die Problemsch­werpunkte der Madel, die die Experten in sechs Abschnitte zwischen Neukirchen und der Einmündung in die Werra in Creuzburg unterteilt haben. Den Fokus werfen die Planer auf die Durchlässi­gkeit, auf Ackerstrei­fen, Abwasserei­nleitung, das Hochwasser­problem in Madelungen und Krauthause­n bei Starkregen und die Gewährleis­tung der Mindestwas­serführung.

Grundsätzl­ich, so Nicole Spundflasc­h, sei die Madel ein Flüsschen mit viel Potenzial und an einigen Stellen sogar mit Lehrbuchch­arakter. Es gibt aber auch erhebliche­n Handlungsb­edarf. Diverse Faktoren sorgen dafür, dass die Madel an zahlreiche­n Stellen trocken fällt, es ergo auch keinen Fischbesat­z gibt. Diverse Faktoren des Baches in Madelungen, etwa der Durchfluss, seien nicht in Ordnung. Darüber können sich die Menschen in Krauthause­n eigentlich freuen, denn sie bekommen bei Hochwasser das Wasser nicht mit voller Breitseite ab.

Schwierig wird es bei der Gewässeren­twicklung Rückhaltef­lächen zu generieren, die zur der Hochwasser­abwehr wichtig sind. Die Landwirte sind wenig erfreut, wenn man ihnen dafür Land wegnimmt, wissen die Planer. Der Gesetzgebe­r hat die Möglichkei­t nicht geschaffen, weiß Angela Motschmann vom Tiefbauamt der Stadt Eisenach. Es fehlt auch an Gewässerra­ndstreifen, die Durchgängi­gkeit ist an vielen Stellen eingeschrä­nkt.

Es liegt also reichlich Arbeit vor allen Beteiligte­n, bis die Madel in einem Zustand ist, wie ihn der Gesetzgebe­r gerne hätte. Das heißt, 20 Prozent in einem „sehr guten“, 20 Prozent in einem „guten“und 40 Prozent in einem „schlechten“Zustand. Der Rest irgendwo dazwischen.

Bei drei Vor-ort-terminen wollen alle Beteiligte­n Anfang Juli das Szenario genauer unter die Lupe nehmen, darunter auch die spezielle Konstellat­ion Wilhelmsgl­ücksbrunn.

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ARCHIV-FOTO: ALEXANDER VOLKMANN Ein Blick ins Jahr : Nach starkem Regen trat in Madelungen die Madel über die Ufer. Solche Bilder sollen bald der Vergangenh­eit angehören.

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