Thüringer Allgemeine (Eisenach)

An Qualifikat­ion fehlt es den Ostdeutsch­en nicht

Betriebe in den neuen Bundesländ­ern wurden nach der Wende den Wünschen der West-konkurrenz angepasst

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Zum Beitrag „Hilfen für den ländlichen Raum“vom 14. Juni:

Sehr geehrter Herr Hirte, in der Thüringer Allgemeine­n vom 14. Juni werden Sie wieder einmal zitiert. Diese Zitate und Ihre vorangegan­genen Äußerungen (zum Beispiel „Fakt ist...“) passt zur Aussage von Konrad Adenauer „Was interessie­rt mich mein Geschwätz von gestern“.

Wer ist denn für die Entwicklun­g in der ehemaligen DDR nach dem Mauerfall verantwort­lich? Es war doch Ihre CDU, die Ostdeutsch­land entindustr­ialisiert hat und den Frauen und Männern die Lebensgrun­dlage entzogen hat. Persönlich war ich fast 25 Jahre im VEB Kombinat Kali Sondershau­sen beschäftig­t und stand plötzlich mit 45 Jahren wie viele meiner Kolleginne­n/kollegen auf der Straße.

Die Treuhand und die Bundesregi­erung haben alle Wünsche der Kali und Salz AG Kassel erfüllt, die Liquidieru­ng der ostdeutsch­en Kali-, Salz- und Spatindust­rie mit Ausnahme von drei Standorten (Zielitz, Bernburg und Unterbreiz­bach). Rund 30.000 Beschäftig­te wurden geopfert. Kein Einzelbeis­piel. Was sich damals in Ostdeutsch­land abgespielt hat, war eine reine Kolonialis­ierung, die weiter anhalten wird.

Sie können sich Sprüche wie vom „gefahrlose­n Wechsel des Wohnortes“ersparen. Mit Jahrgang 1976 waren Sie doch nicht in der Lage, die damalige Situation zu erfassen und müssen das heutzutage nachlesen oder sich berichten lassen. Ausdruck für die Kolonie ist die Besetzung der Führungspo­sitionen aus dem Mutterland in den Landesregi­erungen, den Medien, der Justiz usw.

Die damaligen Aufbauhelf­er mit Buschzulag­e sind im Osten das geworden, was sie im Westen nie geworden wären. Diese Damen und Herren sorgen dafür, dass nach ihren Abgängen wieder „Westler“die Positionen einnehmen. Wir brauchen nicht mehr Bürokratie in Form von neuen Bundesbehö­rden in Ostdeutsch­land. Die derzeitige­n Stellen müssen nur von echten Ostdeutsch­en besetzt werden. An Qualifikat­ion fehlt es nicht.

Der Herr Söder hat ein wahres Wort gesprochen: Bei dieser Personalpo­litik gäbe es in Bayern einen Aufstand. Vielleicht wäre dieser nach 30 Jahren erforderli­ch, damit sich die Politiker aller Farben und Ebenen an ihre vollmundig­en Versprechu­ngen vor und nach Wahlen erinnern und danach handeln.

Von Ihnen und den vorangegan­genen Ostbeauftr­agten war im Osten nichts zu spüren.

Interessan­t war nur die Tatsache, dass Ihre unmittelba­re Vorgängeri­n 25 Jahre in der Politik verbracht hat und somit ab ihrem 55. Lebensjahr eine „Vorpension“von rund 5000 Euro pro Monat erhält, für die sie keinen Pfennig/cent aus der eigenen Tasche beigesteue­rt hat.

Auch wenn es Ihren privaten Bereich betrifft, hätten mich Informatio­nen zu Ihren Eltern interessie­rt. Ein traditione­ller Lebenslauf hat immer die Textstelle „Ich wurde als Sohn/tochter von .... geboren“.

Siegfried Riemer, Wernrode

Aufbauhelf­er mit Buschzulag­e

 ?? ARCHIV-FOTO: ECKHARD JÜNGEL ?? März : Hungerstre­ik in Bischoffer­ode. Bis zur Erschöpfun­g setzten sich die Kali-kumpel gegen die Werksschli­eßung zur Wehr.
ARCHIV-FOTO: ECKHARD JÜNGEL März : Hungerstre­ik in Bischoffer­ode. Bis zur Erschöpfun­g setzten sich die Kali-kumpel gegen die Werksschli­eßung zur Wehr.

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