Thüringer Allgemeine (Eisenach)
In Neustädt purzeln die Bestweiten
Gehörlosensportler Christoph Bischlager gewinnt den 3. Kugel-cup. Heiko Wendorf knackt die Elf-meter-marke
Neustädt. Andy Dittmar zählt nach wie vor zu jener handvoll Deutscher Kugelstoßer, die konstant die 18 Meter knacken können. Dass der 1,96 m große Gothaer für eine Weite von knapp über 13 Metern gefeiert wird und dann jubelnd die Fäuste ballt, klingt da ziemlich ungewöhnlich. Der Grund ist simpel: Weil der einstige Europameisterschafts-fünfte aktuell immer noch Probleme mit dem Handgelenk hat, sagte er sich für den 3. Kugel-cup in Neustädt: „Wenn es mit rechts nicht geht, dann eben mit links.“
Mit dem falschen Arm kam Dittmar bei seinem besten Versuch auf 13,05 Meter. Die Weite war eher zweitrangig, vielmehr freute sich Wettkampf-ausrichter Heiko Wendorf, dass sein „Kugelstoß-lehrmeister“und Trainingspartner nicht nur als Zaungast ins beschauliche Neustädt kam. Ursprünglich wollte Ditmar an der Stelle, wo er vor einem Jahr mit 18,80 m für Staunen sorgte, die Jagd nach dem 30 (!) Jahre alten deutschen M45-rekord (18,17m) aufnehmen. Auch wenn solche Weiten diesmal nicht erreicht wurden, konnte sich der kleine, aber feine Haupt-wettkampf mit international dekorierten Seniorensportlern sehen lassen. Auf der urwüchsigen Anlage am Anglerheim, wo Wendorf und Co alles bestens vorbereitet hatten, fühlten sich die Starter ganz offensichtlich pudelwohl. Schließlich gab es gleich mehrere persönliche Bestleistungen zu verzeichnen. So steigerte sich Christoph Bischlager (LG Stadtwerke München), einer der vielseitigsten Gehörlosensportler Deutschlands, auf 15,56 Metern, womit er sich den Gesamtsieg vor Dominik Lewin (LV Erzgebirge/14,92 m) holte. Auch Gastgeber Heiko Wendorf (11,35 m), der die 7,26-kg-kugel erstmals überhaupt in einem Wettkampf über 11 Meter stieß, wurden von der Wohlfühl-atmosphäre motiviert. Andreas Deuschle, der frischgebackene Highland-games-weltmeister, aus Nürtingen, erreichte gute 14,74 Meter.
Das Duell der beiden starken Frauen gewann die mehrfache Senioren-weltmeisterin Jana Müller Schmidt (SUS Dinslaken/13,70 m) vor der Ohrdruferin Carmen Hildebrandt (13,08 m). Nach den „Profis“durften die Zuschauer in den Ring. Nicht zuletzt ist ja genau dies das Anliegen von Wendorf, der mit seinem Cup das technisch anspruchsvolle Kugelstoßen einer breiteren Öffentlichkeit näherbringen will. Den Sieg bei den Freizeitsportlern, die im Finale Tipps von den Profis bekamen, holte sich der junge Lukas Köth aus Waltershausen, der auf 11,07 m kam. Rang zwei ging an den Fernbreitenbacher Lucas Hotzel mit 10,35 m vor Rolf Schneider (10,33 m). Die weibliche Zuschauerwertung gewann Elv-talent Emily Köhler (4kg, 8,24 m). Diverse Preise gab es zu gewinnen, Applaus gab es obendrein. Und bevor es zum geselligen Teil überging, flog der 33-Kilogramm-stein, den Deuschle, ein uriger Hüne, 5,48 m weit schmiss – noch eine neue Bestleistung Zur Freude der Zuschauer probierte sich auch der eine oder andere Lokalmatador beim Steinstoßen.
Fachkundig und mit Witz moderiert wurde der Nachmittag von Hardy Gnewuch. Der langjährige Sprecher des Gothaer Schloss-meetings ist hauptberuflich am Olympiastützpunkt Sachsen-anhalt tätig und kennt die Leichtathletikszene aus dem Effeff. Einziges kleines Manko der 3. Auflage war die Zuschauerresonanz. Bei schönem Wetter blieben diesmal doch einige Bänke leer, was wohl den vielen anderen Veranstaltungen in der Region geschuldet war. Dennoch war Heiko Wendorf von der Stimmung bei seinem Cup begeistert und lobte die Unterstützung der fleißigen Helfer des Eisenacher LV. Das für Sonntag geplante Kinderfest mit Schlagballweitwurf fiel zwar ins Wasser, soll aber noch in diesem Jahr nachgeholt werden.