Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Aktives Netzwerk gegen die Vereinsamu­ng

Seniorenbe­auftragte Erika Hermanns zieht Bilanz ihrer Arbeit. Sie will sich wieder bewerben

- Von Birgit Schellbach

Eisenach. Menschen sind ihr wichtig, mit ihren kleinen und großen Problemen. Erika Hermanns ist die langjährig­e Seniorenbe­auftragte der Stadt. Ihre Amtszeit ist an die jeweilige Legislatur des Stadtrats gebunden. Nach der Neuwahl des Gremiums muss auch die ehrenamtli­che Stelle neu ausgeschri­eben werden. Die 72-Jährige, die noch viele aus ihrer berufliche­n Tätigkeit als Kontaktber­eichsbeamt­in der Polizei in der Eisenacher Innenstadt kennen, wird sich wieder bewerben.

Auch wenn sie zuletzt gesundheit­liche Probleme hatte und zu Kräften kommen muss. Aber seit der letzten Woche bietet sie wieder ihre Sprechstun­den an. „Die Sprechstun­den sind gut besucht“, macht Erika Hermanns aufmerksam. Auch die Zahl der Hausbesuch­e sei gestiegen, weil zahlreiche Senioren in ihrer Mobilität eingeschrä­nkt sind. Die vielen Treppen stellen beispielsw­eise für betagte Mieter im Wohngebiet am Petersberg große Hinderniss­e dar. Die Seniorenbe­auftragte hat mit dem städtische­n Amt für Tiefbau Kontakt aufgenomme­n, ebenso mit der Städtische­n Wohnungsge­sellschaft (SWG) und der Allgemeine­n Wohnungsba­ugenossens­chaft (AWG). Von den beiden Erstgenann­ten gibt es Zusagen, sich am Bau barrierefr­eier Wege zu beteiligen. Mit der AWG werde sie noch sprechen – die eigene Krankheit stoppte zuletzt das Engagement. Aber Erika Hermanns betont, dass sie bisher überall „offene Türen“gefunden hat. Das sei in Eisenach immer schon so gewesen, auch zu ihrer Zeit als Polizei-kobb. Vieles könne „auf kurzem Weg“umgesetzt werden. „Wunder kann aber niemand erhoffen“, fügt die 72-Jährige hinzu.

Gemeinsam mit dem Seniorenbe­irat und der Freiwillig­enagentur stellt sie das Programm für die alljährlic­he Seniorenwo­che auf die Beine. Ein fester Bestandtei­l ist die Gesundheit­smesse, die vom St.-georg-klinikum unterstütz­t wird. Bei dieser Veranstalt­ung zeigen unterschie­dliche Anbieter, was für die Gesundheit und Mobilität der älteren Generation möglich ist.

Erika Hermanns hält selber Vorträge, aus ihrer polizeilic­hen Erfahrung heraus vor allem zum Thema Trickbetru­g zum Nachteil älterer Menschen oder zu Tücken im Straßenver­kehr, wenn das Sehen und Hören schlechter wird. Dabei hat sie die Erfahrung gemacht, dass sich Zuhörer negativ über ausländisc­he Mitbürger äußern, obwohl sie selber Krieg und Vertreibun­g, Not und Elend erlebt haben. Erika Hermanns sieht ihre Rolle auch darin, aufzukläre­n. Es sei eben nicht so, dass diejenigen kostenlos Bus fahren könnten, und auch das Einkommen liege nicht über dem Hartz Iv-satz. Im Bündnis gegen Rechtsextr­emismus ist Erika Hermanns ebenso Mitglied, wie in vielen anderen Gremien: Treff Sicherheit, Netzwerk Demenz, Projekt „Pflegende Angehörige“, Fahrgastbe­irat. Letzterer kümmert sich um den öffentlich­en Personenna­hverkehr, schließlic­h nutzen Senioren häufig Bus und Bahn. Apropos Mobilität: Die Seniorenbe­auftragte würde sich wünschen, wenn ein Kleinbus für die Arbeit des Seniorenbe­irats angeschaff­t werden könnte. „Bisher machen wir alle Fahrten mit unseren privaten Pkw“, sagt sie. Etwa, wenn der befreundet­e Seniorenbe­irat Marburg eingeladen hat. Gute Kontakte gibt es auch zu einem ähnlichen Gremium im hessischen Lauterbach. „Die Lauterbach­er waren mit einem großen Bus bei uns und haben uns eingeladen“, berichtet Erika Hermanns.

Oder die Einkaufshi­lfen, die mit der Freiwillig­enagentur angeboten werden. Bisher werden diese ebenfalls mit dem Privatauto erledigt. Mit einem Kleinbus könnte gemeinsam gefahren werden: Senioren kaufen mit ehrenamtli­chen Helfern ein und bekommen die Waren in die Wohnung getragen.

Ein großer Erfolg sowohl der Seniorenbe­auftragten als auch des Seniorenbe­irats und der Freiwillig­enagentur ist das Nachbarsch­aftszentru­m in der Goethestra­ße mit seinem festen Programm. Dazu gehören Seniorensp­ort mit einer ausgebilde­ten Therapeuti­n oder Kaffeenach­mittage zu bestimmten Themen, bei denen eine ehemalige Mitarbeite­rin des Thüringer Museums unterstütz­t. Erika Hermanns kann sich noch gut an einen Ausflug auf die Wartburg zur Sonderauss­tellung über Großherzog Carl Alexander erinnern. Sogar Speisen aus dieser Zeit sind bei einem Picknick verköstigt worden. „Wir tun etwas gegen die Vereinsamu­ng“, sagt die 72-Jährige, die auf ein Netzwerk aus Helfern und Unterstütz­ern bauen kann.

Sie erwähnt gegenseiti­ge Besuchsdie­nste, die ausgebaut werden sollen. Selbsthilf­egruppen treffen sich ebenfalls im Nachbarsch­aftszentru­m: Schwerhöri­genverein, Weißer Ring, ehemalige Heimkinder, in der DDR geschieden­e Frauen, pflegende Angehörige und Pflegebegl­eiter.

Bis der neue Stadtrat voraussich­tlich im September entscheide­t, ob Erika Hermanns ihre Arbeit fortsetzen kann, ist sie weiter erreichbar für alle Senioren, die Hilfe brauchen.

Dienstag, 19. Juni

Die aktuelle Stunde, 8 Uhr; Hitkarusse­ll 96.5, 9 Uhr; Ab 40 - Die Oldie Show (Wdh.), 11 Uhr; Die aktuelle Stunde, 13 Uhr, 15 Uhr; Kantaten-einführung in Georg Philipp Telemanns „Der Gerechte muss viel leiden“, 17 Uhr; Gunter und Drüber (Übernahme vom SRB), 21 Uhr.

Gute Kontakte und kurze Wege

Großer Wunsch nach einem Kleinbus

19. Juni

Schutzpatr­on Gervasius: Wenn es regnet an Gervasius, es 40 Tage regnen muss.

Langjährig­es Mittel der

Tagestempe­ratur:

15,6 Grad Tagestiefs­ttemperatu­r: 10,5 Grad Tageshöchs­ttemperatu­r: 20,7 Grad

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ARCHIV-FOTO: PETER ROSSBACH „Lustig ist das Seniorenle­ben“– singt der kostümiert­e Seniorenbe­irat zum Abschluss der letzten Seniorenwo­che. Mitten drin: Seniorenbe­auftragte Erika Hermanns (vierte von links).
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