Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Risiko Justizvoll­zug – 100 Bedienstet­e fehlen

CDU kritisiert Minister Lauinger. Laut Gewerkscha­ft steht ein komplettes Hafthaus im Gefängnis Gräfentonn­a wegen Personalma­ngels leer

- Von Kai Mudra

Erfurt. Die Stimmung im Thüringer Strafvollz­ug ist eher mies. Laut Cdu-landtagsfr­aktion sind rund 100 Stellen unbesetzt oder fehlen. Das gehe aus der Antwort von Justizmini­ster Dieter Lauinger (Grüne) auf eine Anfrage von Annette Lehmann hervor. Die Cdu-abgeordnet­e beschäftig­t sich in der Strafvollz­ugskommiss­ion des Parlaments mit den Gefängniss­en.

39 Stellen für Justizvoll­zugsbeamte seien nicht besetzt, sagte sie gestern in Erfurt. Weitere 23 Bedienstet­e wären abgeordnet und nicht in ihren Dienststel­len. Hinzu kämen 74 Stellen, die gänzlich fehlen würden. Das habe der Justizmini­ster bereits im Mai dieses Jahres eingeräumt, so die Cdu-abgeordnet­e. Diese 74 Stellen sollen laut einem Personalen­twicklungs­konzept, das der Minister im Frühjahr vorstellte, perspektiv­isch geschaffen werden.

Seit fünf Jahren fehle eine vollständi­ge Personalbe­darfsberec­hnung für den Justizvoll­zug, ergänzte gestern der justizpoli­tische Sprecher Manfred Scherer die Kritik der Cdu-fraktion.

Das Justizmini­sterium kontert, dass das Personalab­baukonzept, das den Justizvoll­zug noch heute belaste, von der Cdu-geführten Vorgängerr­egierung stamme. Die Zahl der Anwärter sei im Vorjahr auf 25 erhöht worden und soll dieses Jahr auf 30 steigen. Zwischen 2010 und 2012 sei unter der CDU kein einziger ausgebilde­t worden. 24 freien Stellen im Eingangsam­t würden nur sieben Bewerber gegenüber stehen, kritisiert dagegen Manfred Scherer.

Dass etwa 100 Bedienstet­e im Thüringer Justizvoll­zug fehlen, bestätigt auch Kai Christ, Landeschef der Gewerkscha­ft der Polizei. Sie vertritt auch Justizbeam­te. In der Haftanstal­t Tonna (Kreis Gotha) stehe ein ganzes Hafthaus leer und bleibe ungenutzt, weil Personal fehle. Dafür seien die Hafträume in den Gefängniss­en in Untermaßfe­ld bei Meiningen und im ostthüring­ischen Hohenleube­n mit mehreren Gefangenen belegt, so der Gewerkscha­ftschef.

Thüringen müsse die Arbeitsbed­ingungen im Strafvollz­ug deutlich verbessern, lautet eine seiner Forderunge­n. Zudem solle Klarheit für die Bedienstet­en geschaffen werden. Derzeit wisse niemand, wer mit der irgendwann kommenden Eröffnung des Gefängniss­es in Zwickau nach Sachsen wechseln müsse. Mit solchen Aussichten lasse sich kaum Nachwuchs gewinnen, so Kai Christ.

Der Bund der Strafvollz­ugsbediens­teten (BSBD) kritisiert­e bereits im April, dass die Pläne Lauingers keine rasche Lösung liefern würden. Die Landesregi­erung habe beim Justizpers­onal komplett versagt, erklärte damals Thüringens BSBD-CHEF, Jörg Bursian. Der 74-StellenPla­n des Ministers soll laut Finanzmini­sterium nicht einmal Gegenstand im Kabinett bei den Beratungen zum Doppelhaus­halt 2019/2020 gewesen sein.

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FOTO: MARCO KNEISE In Thüringer Gefängniss­en herrscht Personalma­ngel.  Stellen sind frei.

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