Thüringer Allgemeine (Eisenach)
„Monsanto verdient es, bestraft zu werden“
Us-richter reduziert Strafe für Bayer, sieht aber weiter Zusammenhang zwischen Unkrautvernichter Glyphosat und Krebs
Washington. In einem Schadenersatzprozess 55 Millionen Dollar weniger zahlen zu müssen, als ursprünglich zu befürchten war – das kann man auf den ersten Blick als Erfolg bewerten. Vor allem, wenn mindestens 13.500 ähnlich gelagerte Fälle auf Halde liegen. Dass der Leverkusener Bayer-konzern im jüngsten Kapitel über den unter Krebsauslöser-verdacht stehenden Unkrautvernichter Glyphosat in Amerika lediglich zurückhaltend von einem „Schritt in die richtige Richtung“spricht, hat Gründe, die sich beim Lesen der Urteilsbegründung von Vince Chhabria erschließen.
Der Richter, der es mit Hunderten Glyphosat-klagen gegen den von Bayer für 63 Milliarden Dollar gekauften Saatgut-riesen Monsanto zu tun hat, hat im Fall des nach jahrelanger Benutzung des „weed killers“an Lymphdrüsenkrebs erkrankten Edwin Hardeman genau das bestätigt, was Bayer seit Monaten in Abrede stellt. „Während Monsanto wiederholt betont, dass es sein Produkt für sicher hält“, schreibt Chhabria, „haben die Beweise im Prozess das Bild einer Firma gezeichnet, die darauf konzentriert war, Leute zu attackieren und zu untergraben, die Bedenken äußerten.“Chhabrias Schlussfolgerung: „Monsanto verdient es, bestraft zu werden.“In erster Linie, weil es nicht hinreichend vor der möglichen Krebsgefahr gewarnt habe, die mit Glyphosat (Markenname: Roundup) hantieren. Nur eben nicht in der Höhe, die eine sechsköpfige Geschworenen-jury im Frühjahr festgelegt hatte. Danach hätte Bayer rund 80 Millionen Dollar (71 Millionen Euro) bezahlen müssen. Jetzt sind es 25 Millionen Dollar.
Chhabria hat die „Punitive Damages“als viel zu hoch verworfen. Das sind Strafschadenersatz-zahlungen, die zuzüglich verhängt werden, wenn eine Firma etwa vorsätzlich Gesundheitsgefahren verschwiegen hat. Bayer hat Einspruch eingelegt. Dass Chhabria die unterstellte Verbindung Krebs/glyphosat nicht verwarf hat Bedeutung. Der Prozess gilt als Musterfall, der weiteren Glyphosat-klagen als Orientierung dient.