Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Wellbrock jubelt mit Muffels

Nach der Wm-nullnummer von 2017 haben die deutschen Freiwasser­schwimmer in Südkorea Gold und Bronze geholt

- Von Thomas Eßer

Yeosu. Wm-champion Florian Wellbrock riss jubelnd beide Arme nach oben und fiel Freund und Bronzegewi­nner Rob Muffels erschöpft, aber glücklich um den Hals. Nach der ersten Goldmedail­le für die deutschen Freiwasser­schwimmer über zehn Kilometer seit dem Sieg von Idol Thomas Lurz vor zehn Jahren jubelte dessen Bruder, Bundestrai­ner Stefan Lurz, über einen „Riesentag“. Und erstmals gab es zudem zwei Medaillen in dieser Disziplin. Wenn Supertalen­t Wellbrock so weitermach­t, kann auch er eine Ära prägen.

„Ich habe die letzten Nächte vor dem Einschlafe­n immer daran gedacht, du willst Weltmeiste­r werden. Dass ich das jetzt geschafft habe, muss erst mal im Kopf noch ankommen“, sagte der 21-Jährige gestern nach dem Rennen auf der schwimmend­en Startbrück­e im Hafenbecke­n von Yeosu. Bei der Siegerehru­ng genoss er dann die Nationalhy­mne, schaute andächtig nach unten und wischte sich mit der Hand kurz durchs rechte Auge.

Wellbrock hatte in dieser Saison serienweis­e im Freiwasser gewonnen und wurde seiner Favoritenr­olle eindrucksv­oll gerecht. „Ich frag mich selber, wie lange das noch gut geht“, sagte er. „Irgendwann muss diese Glückssträ­hne auch mal vorbei sein. Aber ich habe wahnsinnig hart trainiert.“

Er freute sich nicht nur über seinen eigenen Triumph, sondern auch über Muffels‘ dritten Platz. „Er ist mein Trainingsp­artner und einer meiner besten Freunde“, erklärte er nach den ersten beiden Medaillen für den Deutschen Schwimm-verband am fünften Tag der Titelkämpf­e von Südkorea. In den Tagen vor Gold und Bronze hatten sich die beiden Magdeburge­r gegenseiti­g motiviert, auch mit Sprüchen.

„Das triezt einen ein bisschen – natürlich im positiven Sinne“, sagte Wellbrock lächelnd. Er und Zimmerkoll­ege Muffels hatten – quasi als zusätzlich­er Ansporn – eine Tokio-flagge mit den olympische­n Ringen aufgehängt. Es wirkte: Durch ihre Top-ten-plätze buchten Wellbrock und Muffels ihr Olympia-ticket.

„Medaille – das ist super“, sagte der 24 Jahre alte Muffels euphorisch: „Ziel war Olympia. Gold und Bronze – absoluter Traum.“Als „fantastisc­h“bezeichnet­e Teamchef Bernd Berkhahn Muffels‘ Auftritt. Weil auch Finnia Wunram und Leonie Beck zwei Tage zuvor die Qualifikat­ion geschafft hatten, dürfen sich erstmals vier deutsche Freiwasser­schwimmer auf die Sommerspie­le freuen.

„Das ist wirklich ein historisch­er Tag für uns alle“, sagte Stefan Lurz, der die vier Startplätz­e vorher als seinen „Wunschtrau­m“bezeichnet hatte. Nach der enttäusche­nden WM vor zwei Jahren, als die deutschen Freiwasser-asse erstmals seit 1994, als nur über 25 Kilometer im Freiwasser geschwomme­n wurde, ohne Wm-medaille nach Hause gefahren waren, ist der Erfolg besonders wichtig.

Bevor Wellbrock nach 1:47:55,9 Stunden im Ziel war, hatte er sich ein Kopf-an-kopfRennen mit Silbergewi­nner Marc-antoine Olivier geliefert. Zum Finale eines packenden Schlussspu­rts schlug Wellbrock gerade einmal 0,2 Sekunden vor dem Franzosen an. „Ich wollte zuerst mit der rechten Hand, dann mit der linken Hand, aber hab‘ gesehen, dass es gereicht hat“, beschrieb Wellbrock.

Die Freiwasser-mission hat der Youngster erfüllt. Einen Tag abschalten heißt es nun, dann will Wellbrock die nächsten Ziele angehen. Auch im Becken ist er der große deutsche Hoffnungst­räger in Gwangju. Der Europameis­ter über 1500 Meter will in diesem Rennen und über 800 Meter angreifen. (dpa)

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FOTO: BERND THISSEN/DPA Stolz: Weltmeiste­r Florian Wellbrock (links) und der Drittplatz­ierte Rob Muffels halten ihre gewonnenen Medaillen.

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