Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Nachtschwä­rmer im Wohnzimmer

Derzeit können sich vermehrt Fledermäus­e in Wohnungen verirren. Experten geben Tipps, was dann zu tun ist

- Von Marcus Voigt

Erfurt. Bei Tanja Witt klingelt das Telefon in diesen Tagen wieder häufiger. Die Biologin betreut den Fledermaus-notruf der Stiftung Fledermaus mit Sitz in Erfurt. Hier können sich Thüringer melden, die einen der Nachtschwä­rmer in ihrem Haus oder ihrer Wohnung finden. Die insgesamt 13 Mitarbeite­r der Stiftung geben Auskunft, was in solchen Fällen zu tun ist.

20 Fledermaus­arten gibt es in Thüringen, insbesonde­re Zwergflede­rmäuse, Abendsegle­r und Große Mausohren sind verbreitet. Die Säugetiere haben Ende Juni Nachwuchs bekommen und die Jungtiere verlassen nun die Wochenstub­en. Je nach Art erkunden sie in einem Umkreis von bis zu zehn Kilometern die Umgebung auf der Suche nach eigenen Quartieren. „Die jungen Fledermäus­e suchen sich bevorzugt Spalten als Verstecke“, sagt Tanja Witt. Gekippte Fenster seien dabei ein verlockend­es Ziel und der Grund dafür, dass in den kommenden Wochen wieder vermehrt Fledermäus­e den Weg in Thüringer Wohnungen finden. „Ist eine Fledermaus in der Wohnung, können auch mehrere Tiere nachfolgen. Im vergangene­n Jahr hatte ein Mann bei sich zu Hause gleich 35 Fledermäus­e entdeckt“, sagt die 33-jährige Biologin. Solche Fälle seien aber die Ausnahme. Hingegen haben es die Jungtiere schwer, wieder den Weg aus den Wohnungen zu finden. „Das liegt an dem Winkel, in dem die Fenster gekippt sind. In die Wohnung hinein können die Fledermäus­e über das Fenster krabbeln, den Weg nach draußen können sie mit ihrer Echo-ortung aber nicht wieder finden“, sagt Tanja Witt.

Findet man eine Fledermaus in den heimischen vier Wänden, ist der Rat der Stiftungs-mitarbeite­r daher stets gleich: Die Fledermaus in Ruhe lassen, das Fenster ganz öffnen und bis zum Abend warten. Dann finden die Tiere meist allein wieder nach draußen.

Klappt das nicht, rücken die Mitarbeite­r der Stiftung oder ehrenamtli­che Helfer aus, um die Tiere abzuholen. Ebenso geben sie Tipps, wie mit Fledermäus­en umzugehen ist, die hilflos am Boden liegen. „Ist die Fledermaus verletzt, etwa durch eine Katze, sollte man einen Tierarzt aufsuchen.

Ansonsten gilt dieses Vorgehen: Die Fledermaus mit einem Handschuh aufheben und ihr beispielsw­eise mit einer Pipette Wasser geben. Dann die Fledermaus auf ein Fensterbre­tt setzen und daneben eine Flasche stellen, über die eine Socke gezogen ist. Daran können die Tiere hochklette­rn und dann losfliegen “, sagt Tanja Witt.

Zu den Fledermaus­einflügen kann es indes in ganz Thüringen kommen. „Je mehr Menschen an einem Ort leben, desto mehr Anrufe bekommen wir von dort“, sagt die Stiftungsm­itarbeiter­in. Zugleich will sie Ängste vor den Tieren nehmen. Entgegen der Befürchtun­gen mancher Anrufer würden Fledermäus­e nicht die Tollwut über ihren Speichel übertragen. Und dass sich hiesige Fledermäus­e wie im Film auf schlafende Bewohner stürzen, um deren Blut auszusauge­n, sei ausgeschlo­ssen, so Tanja Witt.

Fledermäus­e krabbeln über Fenster in die Wohnung

 ?? FOTO: OTTO SCHÄFER/NABU ?? Fledermäus­e – hier ein Großes Mausohr – sind in diesen Wochen besonders aktiv. Bei ihrer Suche nach neuen Quartieren können die Tiere auch in Wohnungen gelangen.
FOTO: OTTO SCHÄFER/NABU Fledermäus­e – hier ein Großes Mausohr – sind in diesen Wochen besonders aktiv. Bei ihrer Suche nach neuen Quartieren können die Tiere auch in Wohnungen gelangen.

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