Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Brexit stärkt Finanzplatz Deutschland
Dutzende Banken verlegen ihre Büros
Berlin. Die deutsche Bankenbranche schaut mit Sorge auf den möglichen ungeregelten Austritt der Briten aus der Europäischen Union. „Der sich nun abzeichnende harte Brexit, also ohne ein begleitendes Abkommen, ist unverantwortlich“, sagte Andreas Krautscheid, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken, unserer Redaktion. Premier Boris Johnson scheinen „maximale ökonomische Schäden“im eigenen Land wie in den übrigen europäischen Ländern nicht zu interessieren.
Ein Profiteur ist unterdessen der Finanzplatz Deutschland. „Frankfurt ist dabei einer der großen Gewinner des Brexits“, sagte Krautscheid, „sofern man bei dieser unglücklichen Entwicklung überhaupt von Gewinnern sprechen mag.“Bisher hätten 45 internationale Finanzinstitute ihre Geschäfte an den Main verlagert. „Sie bringen neue Geschäfte und weiteres Personal dorthin.“In den vergangenen zwei Jahren hätten sich die Banken auf den harten Brexit als „größten anzunehmenden Unfall vorbereitet“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands. „Hunderttausende Kunden von internationalen Banken, die bisher in London betreut wurden, müssen in die EU verlagert, ihre Verträge umgestellt werden.“
Bankenaufseher ermahnen Geldhäuser
Die Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank (EZB) hatten zuvor die Geldhäuser in Großbritannien eindringlich davor gewarnt, die Vorbereitungen für den nahenden Austrittstermin schleifen zu lassen. Spätestens am 31. Oktober will Johnson den Brexit vollziehen. Trotz der großen Umzugswelle etwa nach Frankfurt hätten die Institute erheblich weniger Aktivitäten auf den Kontinent verlagert als ursprünglich vorgesehen, hieß es. „Die EZB erwartet nun, dass die Banken die Umsetzung ihrer Pläne beschleunigen.“
Viele internationale Geldhäuser haben bislang von London aus ihre Geschäfte in der ganzen EU betreiben. Dies ist nach dem Austritt Großbritanniens aus dem Staatenbund nicht mehr möglich.