Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Hunderttau­sende trotzen Peking

Hongkongs Bewohner ignorieren den Regen und die Drohungen der chinesisch­en Regierung

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Hongkong. Allen Drohungen aus Peking zum Trotz sind in Hongkong wieder Hunderttau­sende Anhänger der Demokratie­bewegung auf die Straße gegangen. Bei der zentralen Kundgebung in der ehemaligen britischen Kolonie war der Victoria Park am Sonntag bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Menschen ließen sich auch von heftigem Regen nicht davon abbringen, lautstark Freiheit und Demokratie zu verlangen. Bis zum späten Abend blieb es friedlich.

Zu der Kundgebung hatte das Bündnis Civil Human Rights Front aufgerufen, das mit früheren Protesten bereits Pläne der prochinesi­schen Stadtregie­rung für ein Auslieferu­ngsgesetz gestoppt hatte. Inzwischen richtet sich der Protest zunehmend gegen Peking direkt. Hongkong gehört seit dem Abzug der Briten 1997 wieder zu China. Als Sonderverw­altungszon­e hat es eigentlich noch bis 2047 umfangreic­he Sonderrech­te garantiert. Viele fürchten nun darum.

Die Demonstrat­ion galt als Gradmesser, welchen Rückhalt die Bewegung in der 7,5 Millionen-einwohner-stadt noch hat. Vergangene Woche war sie wegen Prügelszen­en auf Hongkongs Flughafen, wo Demonstran­ten auf einen chinesisch­en Reporter losgingen, in die Kritik geraten.

Rund um den Park war die Innenstadt auf mehreren Kilometern völlig dicht. Die Polizei schritt nicht ein. Für den 31. August kündigte das Bündnis eine neue Großkundge­bung an. „Heute war noch nicht das Ende“, hieß es. Aus Peking gab es keine offizielle Reaktion.

Zuvor hatten Redner die Menge immer wieder dazu aufgerufen, ruhig zu bleiben. Als ein mächtiger Regen begann, spannten die Demonstran­ten ihre Schirme auf und blieben stehen. Nach Hause ging wegen des Regens niemand.

In den vergangene­n Tagen hatte Peking eine Drohkuliss­e aufgebaut. Angesichts von Truppenbew­egungen bei Hongkong gibt es internatio­nal Sorge vor einem militärisc­hen Eingreifen wie 1989 bei der Niederschl­agung der Proteste in Peking. Staatspräs­ident Xi Jinping hat sich zur Entwicklun­g in Hongkong noch nicht geäußert. Am 1. Oktober will die Volksrepub­lik ihr 70-jähriges Bestehen feiern.

Die Demonstrat­ionen dauern nun schon mehr als zweieinhal­b Monate an. Die Kritik richtete sich anfangs gegen Hongkongs prochinesi­sche Regierungs­chefin Carrie Lam. Inzwischen fordern die Demonstran­ten auch freie Wahlen. Aus der Menge wurden zudem Rufe nach Unabhängig­keit laut. (dpa)

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FOTO: DPA Massenprot­est: Menschen im Victoria-park.

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