Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Ein Jahr Greta Thunberg
Die Klimaaktivistin ist Vorbild der Fridays-for-future-jugend – und eine Reizfigur
Berlin. Greta Thunberg konnte nicht wissen, dass sie eine globale Protestbewegung auslösen würde. Am 20. August 2018 setzte sich die damals 15-Jährige statt ins Stockholmer Klassenzimmer neben das schwedische Parlament, in der Hand ein heute berühmtes Plakat: „Skolstrejk för klimatet“, Schulstreik fürs Klima. Ein Jahr später ist die so kühl wie kindlich wirkende Thunberg zur bekanntesten Klimaaktivistin der Welt geworden – und die Fridays-for-future-bewegung zu einer ernst zu nehmenden politischen Kraft.
Der Tochter einer Opernsängerin und eines Schauspielers ist die Hysterie unheimlich: „Es ist wirklich schwer zu verstehen, was gerade alles um mich herum passiert.“Thunberg zieht nicht nur Bewunderung, sondern auch Skepsis und Häme auf sich. Zum Beispiel wegen ihrer aktuellen Segeltour: Ihr Törn zum Un-klimagipfel in New York wird dieser Tage zum PRGau. Thunberg will möglichst emissionsfrei über den Atlantik reisen und hat sich deswegen fürs Boot entschieden. Begleitet wird sie von dem aus Oldenburg stammenden Skipper Boris Herrmann (38). Die Yacht muss nach dem Treffen im September jedoch wieder nach Europa zurückgebracht werden, weshalb eine neue Besatzung per Flugzeug in die USA reisen wird – während Thunbergs Reise dürfte daher nicht weniger klimaschädliches CO2 entstehen, als wenn das Mädchen mit ihrem Vater direkt in die USA geflogen wäre.
Thunberg, die dieses Schuljahr aussetzt, um genug Zeit für ihren Kampf gegen die Klimakrise zu haben, wird mit besonders strengen Maßstäben gemessen. Als sie vor einigen Tagen bei einem Besuch im vom Braunkohle-tagebau bedrohten Hambacher Forst neben vermummten Aktivisten posierte, spotteten ihre Kritiker im Internet, sie mache sich gemein mit Anarchisten. Thunbergs Vater muss seine Tochter im „Stern“verteidigen: „Bei so vielen Terminen können wir doch nicht alles wissen. Wir kommen dort an, und dann gibt es einen Termin und eben Bilder.“
Greta Thunberg wird sich von der Kritik nicht beirren lassen. Durch ihre Asperger-erkrankung sei sie „nicht wie alle“, sagte sie in einem Interview: „Ich denke auf eine andere Weise.“