Thüringer Allgemeine (Eisenach)
„Die Linkspartei ist nicht wie die AFD“
Cdu-generalsekretär Paul Ziemiak über die Krise seiner Partei, das Chaos von Thüringen und die Werteunion
Berlin. Es ist schon dunkel, dicke Tropfen rinnen an den Scheiben des Konrad-adenauer-hauses herab. Ein Wetter – passend zur Stimmungslage der CDU. Generalsekretär Paul Ziemiak eilt mit langen Schritten in sein Büro und lässt sich in den Sessel am runden Konferenztisch plumpsen. Der Mann ist im Stress, er muss als Generalsekretär die CDU durch ihre größte Krise seit der Spendenaffäre führen.
Herr Ziemiak, die CDU hat in der Vergangenheit zwar Federn gelassen – aber gewinnt noch Wahlen und stellt seit 14 Jahren die Kanzlerin. Wie konnte die Partei in eine derart große Krise schlittern?
Paul Ziemiak: Ja, wir sind jetzt in einer sehr herausfordernden Zeit. Wir dürfen uns aber trotz allem nicht von den großen Aufgaben ablenken lassen, die wir noch vor uns haben. Wir stellen uns jetzt nicht nur organisatorisch, sondern auch inhaltlich so auf, dass wir mit Blick auf die Bundestagswahlen sagen können: Das ist unser Plan für die Zukunft. Dazu gehört: Wie sichern wir unseren Wohlstand? Wie sieht die Familienpolitik der Zukunft aus? Wie schaffen wir einen schnelleren und effizienteren Staat, innere und äußere Sicherheit? Es ist meine Aufgabe als Generalsekretär, dass wir uns um diese Fragen kümmern.
Noch mal: Warum ist die Parteivorsitzende nach nur 14 Monaten zurückgetreten?
Annegret Kramp-karrenbauer ist nicht zurückgetreten. Sie hat gesagt, dass sie nicht für eine Kanzlerkandidatur zur Verfügung steht. Darüber hat sie seit einiger Zeit nachgedacht und nun diesen Entschluss getroffen. Gemeinsam mit der CSU werden wir uns über einen Kanzlerkandidaten verständigen. Die CDU wird in diesem Kontext auch einen neuen Parteivorsitzenden bestimmen. Ich weiß, wie hart Annegret Kramp-karrenbauer die letzten 14 Monate gearbeitet hat. Es ist vor allem ihr Verdienst, dass die Schwestern CDU und CSU wieder ausgezeichnet miteinander auskommen. Sie hat mit den Werkstattgesprächen zur Migration und zur Dienstpflicht, mit dem Weg zu einem neuen Grundsatzprogramm viel für die programmatische Erneuerung der CDU getan.
Eigentlich wollte sich die Parteiführung in Ruhe sortieren. Das können Sie nach der inoffiziellen Bewerbung von Friedrich Merz vergessen. Der Bundesvorstand hat die Vorsitzende gebeten, den Prozess zu führen. Das tut sie und führt deshalb nächste Woche Gespräche mit denjenigen, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Darüber wird sie den Gremien berichten.
War es klug von Annegret KrampKarrenbauer, Cdu-vorsitz und Kanzlerkandidatur zu verbinden? Die CSU will doch auch mitreden. Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zur CSU. Und es ist ganz klar: Über die Kanzlerkandidatur entscheiden CDU und CSU gemeinsam. Aber die CDU bestimmt allein über ihren Parteivorsitz.
Haben Sie jetzt eine Bewerbung von Friedrich Merz um den Parteivorsitz oder nicht?
Mir ist keine offizielle Bewerbung von Friedrich Merz bekannt. Es sind bislang zwei Initiativbewerbungen aus der Cdu-mitgliedschaft eingetroffen. Diese Personen sind jedoch nicht bundesweit bekannt.
Aber Sie werden doch als Generalsekretär Merz dazu befragt haben. Ich berichte grundsätzlich nicht über vertrauliche Gespräche in der Presse.
Auch Gesundheitsminister Jens Spahn ist „bereit, Verantwortung zu übernehmen“.
Ja, das hat Jens Spahn immer gesagt.
Was hören Sie von Ministerpräsident Armin Laschet aus Düsseldorf?
Armin Laschet hat betont, dass es jetzt um die Einheit der Partei geht. Das teile ich ausdrücklich.
„Wer in der CDU sein will, muss auch die Werte dieser Partei teilen“Paul Ziemiak, Cdu-generalsekretär
Aber egal, wer der neue Parteichef am Ende ist: Er wird das gleiche Problem wie die Noch-parteivorsitzende haben und sehr lange eine Nebenrolle zur Kanzlerin spielen. Muss Angela Merkel nicht doch früher das Feld räumen, um dieses Problem zu lösen?
Angela Merkel ist bis 2021 gewählt. Wir müssen uns bis dahin um die Themen kümmern, die die Menschen bewegen. Dafür ist diese Regierung gewählt.
Welche CDU ist eher in der Lage, die nächste Bundestagswahl zu gewinnen – eine CDU der Mitte oder eine weiter nach rechts gerückte CDU? Ich bin davon überzeugt, es kann nur eine Politik der Mitte sein. Sie muss aber nach rechts Richtung Mitte integrieren können. Das muss uns auch in Zukunft gelingen.
Einspruch! Schließlich ist die AFD entstanden.
Auch wir haben Wähler an die AFD verloren. Mein Ziel ist es, diese Wähler zurückzugewinnen. Dies kann uns nur mit einem klaren Profil und einer klaren Sprache gelingen.
Wie geht es weiter in Thüringen? Erst einmal finde ich das Verhalten des ehemaligen Ministerpräsidenten Ramelow völlig unverständlich. Seine Regierung wurde von den Menschen bei der Landtagswahl abgewählt. Es wäre klug, sich auf einen Bewerber zu einigen, der überparteilich ist und der bereit ist, eine Regierung zu führen. Wenn das nicht gelingt, brauchen wir Neuwahlen. Klar ist aber auch: Die CDU hat ihre Grundsätze und wird weder mit der AFD noch mit der Linkspartei zusammenarbeiten.
Setzen Sie diese Parteien gleich?
Nein. Die Linkspartei ist nicht wie die AFD. Und Höcke ist nicht Ramelow. Gleichwohl komme ich am Ende zum gleichen Ergebnis und kann nur nochmals sagen: Wir werden mit beiden nicht zusammenarbeiten.
Nicht nur die AFD beschäftigt die CDU. Wie konnte es eigentlich der Werteunion gelingen, Ihre Partei so zu dominieren.
Das ist wirklich Quatsch. Die sogenannte Werteunion bekommt eine überproportionale mediale Aufmerksamkeit. Das zeigt Ihre Frage. Einige inhaltliche Positionen der Mitglieder der Werteunion haben in der CDU ihren Platz. Die Werteunion ist jedoch keine offizielle Gruppierung der CDU.
Der Vorsitzende der Werteunion, Alexander Mitsch, hat der AFD sogar Geld gespendet. Hat so jemand noch Platz in der CDU?
Darüber haben sich viele Mitglieder an der Basis der CDU zu Recht sehr empört. Ich mich auch. Lassen Sie mich hierzu etwas Grundsätzliches sagen: Wenn jemand möchte, dass die AFD stark sein soll und nicht die Union, dann sollte er gleich zur AFD wechseln. Wer in der CDU sein will, muss auch die Werte dieser Partei teilen und an ihrem Erfolg mitarbeiten wollen.