Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Adams will den Bund überzeugen
Kabinett beschließt Landesaufnahmeprogramm für 500 Flüchtlinge aus Griechenland
Erfurt. Am Dienstagmittag stand Dirk Adams (Grüne) zum ersten Mal als Minister im Bürgersaal der Staatskanzlei, um nach einer Kabinettssitzung das zu verkünden, war er als ersten Erfolg im Amt betrachtet haben will. Die Regierung, sagte Adams, habe gerade eine Landesaufnahmeverordnung beschlossen, mit der bis Ende 2023 bis zu 500 Flüchtlinge von den griechischen Inseln nach Thüringen geholt werden sollen.
Doch der Kabinettsbeschluss ist nur die formale Grundlage dafür, um Verhandlungen mit dem Bund zu treten, in dessen Zuständigkeit die Einreise von Migranten fällt – und das die Initiative bisher mit größter Skepsis betrachtete. Ihm sei durchaus bekannt, sagte Adams, dass das Bundesinnenministerium unter Horst Seehofer (CSU) auf eine europäische Lösung setze. Aber es gebe auch gute Gründe dafür, nicht darauf zu warten. Schließlich, sagte Adams, auf den griechischen Inseln seien 40.000 Menschen in Lagern untergebracht, die für 7500 Personen gedacht waren. „Es liegt auf der Hand, dass hier Abhilfe geschaffen werden muss.“
Deshalb, sagte der Minister, wolle er nun in ein „Dialogverfahren“mit Seehofers Ressort eintreten, bei denen er über eventuell nötige Änderungen reden werde. Am Ende aber habe der Bund noch nie ähnlichen Programmen anderer Länder widersprochen.
In den vergangenen Wochen hatte Adams, um bei seiner Begrifflichkeit zu bleiben, bereits ein eher schwieriges Dialogverfahren mit seiner Kabinettskollegin Heike Taubert von der SPD absolvieren müssen. Die Finanzministerin erklärte ihm in zwei Chefgesprächen, dass das Land mitten in der Corona-rezession das von ihm geplante Kontingent von 1000 bis 2000 Flüchtlingen nicht bezahlen könne.
Öffentlich begleitet wurde der Streit mit gegenseitigen Schuldzuweisungen. Noch vor einer Woche warf die grüne Fraktionschefin Astrid Rothe-beinlich der SPD „politische Profilierung auf dem Rücken von Geflüchteten“vor. „Eine weitere Reduzierung der bisher geplanten Aufnahme von 1000 besonders schutzbedürftigen […] ist mit uns jedenfalls nicht zu machen“, dekretierte sie.
Doch das Kabinett beschloss nun am Dienstag das kleinere Kontingent – mit dem übrigens Adams im April in die Verhandlungen gestartet war, bis ihn die Migrationspolitiker der Koalition zu mehr drängten. Der Minister musste vor allem wegen der Kosten einlenken, die auch so schon bis zu 31 Millionen Euro betragen könnten. Wegen dieser Zahl ist denn auch ein weiteres Adamsches Dialogverfahren nötig – und zwar mit der CDU. Denn um das Programm zu finanzieren, braucht die rot-rot-grüne Minderheitsregierung die Mehrheit im Landtag, zu der ihr vier Stimmen fehlen.
Er wolle, sagte Adams, bei der Union darum werben, dass sie dem Programm in den Verhandlungen über den Landeshaushalt 2021 zustimme. Den Beschluss des Etats hatten CDU und Rot-rot-grün in ihrem Stabilitätspakt grundsätzlich vereinbart. Doch die CDU-LANDtagsfraktion lehnt den Adams-plan ab. Der migrationspolitische Sprecher Marcus Malsch verwies darauf, dass sich die Koalition im Bund bereits darauf geeinigt habe, im Rahmen einer Eu-aktion bis zu 1500 Kinder aufzunehmen: „Eine Erweiterung dieses Personenkreises werden wir nicht mittragen.“