Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Der Boss ist wieder ein Frau
Ab Sommer gibt Anne Pochert den Ton im Jenaer Frauenfußball an. Auf dem neuen Weg unterm Dach des FC Carl Zeiss plant sie zweigleisig
Anne Pochert, bislang Trainerin der B-juniorinnen.
Jena. Der Frauenfußball in Jena baut in seiner Neuausrichtung auf die eigene Stärke. Seit Heidi Vater (2005 bis 2010) übernimmt mit Anne Pochert wieder eine Trainerin aus den eigenen Reihen das Steuer der höchstklassigen Thüringer Fußballmannschaft. Nach sechs Jahren an der Seitenlinie der Bundesliga-bJuniorinnen steigt die 34-Jährige in die erste Riege auf. Ab Sommer tritt sie die Nachfolge von Christopher Heck an, der mit seinem Co-trainer Thilo Osterbrink den Klub verlässt.
Es wird eine Herausforderung, ein Aufbau mit Unwägbarkeiten. Anne Pochert aber hat keine Bange vor der ersten Station als Cheftrainerin im Frauenbereich. „Ich weiß, worauf ich mich einlasse“, sagt sie. Entschlossen geht sie ihre ab Juli beginnende Aufgabe an. Respekt ist da, die Freude aber überwiegt. „Schön, dass mir der Verein vertraut. Das macht mich sehr stolz“, sagt sie und scheint es kaum erwarten zu können. „Wir stehen in den Startlöchern.“
Das „wir“beinhaltet das Zusammenspiel mit Christoph Schliewe. Der Geschäftsführer des FF USV Jena unterstützt die neue Cheftrainerin als Co. auf ihrer selbst formulierten Mission, die Entwicklung der ersten Mannschaft und des Jenaer Frauenfußballs weiter voranzutreiben. Wann sie die Arbeit praktisch aufnehmen kann, hängt davon ab, wann die neue Saison wegen Corona-lage beginnen kann.
Die vor 16 Jahren von Dresden nach Jena gekommene Mittelfeldspielerin wird diejenige sein, die das Bundesliga-team in eine neue Zeit unter dem Dach des FC Carl Zeiss führt. Darunter firmiert der Jenaer Frauenfußball nach 17 Jahren der Eigenständigkeit als FF USV Jena ab Sommer. Sportlich droht aber zunächst ein Rückschlag.
Einiges deutet darauf hin, dass die A-lizenz-trainerin in der zweiten Liga einen Neuaufbau gestalten muss. Vorm „gedrehten“Spiel beim SC Freiburg am Sonntag (14 Uhr) trennen die Thüringerinnen fünf Punkte vom Vorletzten Köln, zehn sind es zum ersten Nichtabstiegsplatz davor. Gewonnen hat die Mannschaft in dieser Saison noch gar nicht. „Wir haben uns definitiv nicht aufgegeben. Aber wir verschließen nicht die Augen vor Liga zwei“, meint Pochert mit Blick auf die sportlich prekäre Lage.
Die zwingt den Verein, zweigleisig zu planen. „Das macht die Aufgabe nicht einfacher“, sagt die neue Cheftrainerin. Sie ist Angestellte im öffentlichen Dienst und dabei, ein Gerüst für die neu Serie aufzustellen. Einen Großteil der jetzigen Mannschaft möchte sie halten, punktuell Erfahrung hinzuholen. Egal, in welche Richtung es geht. „Es ist eine junge Truppe mit sehr viel Potenzial. Sie bringt Qualität mit“, ist Pochert überzeugt. Viele
Spielerinnen kennt sie persönlich, und hat diese mit geformt. Ein Vorteil, findet sie.
Anne Pochert ist fester Teil der blau-weißen Fußballgemeinde. Mit 18 wechselte die Dresdnerin von Fortuna Rähnitz an die Saale und feierte dort zwei Aufstiege. Sie gehörte – wenn auch ohne Einsatz damals – zu Heidi Vaters Elf, die 2008 den Sprung ins Oberhaus schaffte. Mit der Reserve bejubelte sie 2011 den Aufstieg in die zweite Liga – und blieb nach dem Karriereende (2014) dem Klub treu. Parallel dazu trainierte sie Jugendmannschaften von der U11 an aufwärts, bis sie nun ganz oben angekommen ist. Aber nicht am Ende. Eher steht sie am Anfang.