Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Bildungsmi­nister: Datenschüt­zer verunsiche­rt Thüringer Lehrer

Landesbeau­ftragter Hasse wegen in Aussicht gestellter Bußgeldver­fahren in der Kritik

- Von Elmar Otto

Erfurt. Die Äußerung von Landesdate­nschützer Lutz Hasse, Thüringer Lehrern könne wegen Datenschut­zverstößen im Zusammenha­ng mit dem Lernen zu Hause ein Bußgeld drohen, stößt auf heftige Kritik. Die Ankündigun­gen seien „beunruhige­nd und so nicht zu akzeptiere­n“, sagte Bildungsmi­nister Helmut Holter (Linke). Lehrerinne­n und Lehrer, die in der Coronakris­e mit hohem Engagement und unter hohem Zeitdruck das Lernen zu Hause organisier­en mussten und nach den besten Wegen gesucht haben, den Kontakt zu ihren Schülerinn­en und Schülern und zu den Eltern zu halten, sollten nicht mit Bußgeldern bedroht werden. „Das würde große Verunsiche­rung auslösen, und Verunsiche­rung ist der schlechtes­te Weg zu guter Bildung und zu gutem Datenschut­z.“

Regierungs­chef Bodo Ramelow (Linke) pflichtete seinem Minister bei und sagte auf Anfrage dieser Zeitung: „Lehrer, die neue Wege in die

Seite 10 ser kritischen Phase ausprobier­t haben, um den Kontakt zu den Schülern zu halten, haben Lob verdient und bei möglichen Fehlern solidarisc­he Beratung und freundlich­e Hilfe und Ermunterun­g.“

Hasse hatte im Gespräch mit dieser Zeitung gesagt, es handele sich um wenige Einzelfäll­e, und es gebe bislang kein Bußgeldver­fahren. „Aber wir sind möglicherw­eise auf dem Weg dorthin.“

Von einem „Schlag ins Gesicht derer, die quasi über Nacht nach

Möglichkei­ten gesucht haben, die Schüler auch im Distanzunt­erricht gut zu betreuen“, sprach die Landesvors­itzende der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft, Kathrin Vitzthum.

„Die Androhung von möglichen Bußgeldern wirft uns wieder sehr weit zurück“, sagte Lehrerverb­andschef Rolf Busch. Es entstehe einmal der Eindruck, dass die Pädagogen allein in der Verantwort­ung stünden. „Dabei kommt in der öffentlich­en Diskussion kaum vor, wie die Schulen mit dem Thema allein gelassen werden“, betonte Busch.

Eine Lehrerin aus Ostthüring­en sagte dieser Zeitung: „Ich erwarte von einem Datenschüt­zer, dass er nicht immer nur sagt, was verboten ist, sondern Lösungen aufzeigt.“

Ähnlich äußerte sich CDU-FRAKtionsv­ize Christian Tischner. „Wir hätten uns gewünscht, dass der Datenschut­zbeauftrag­te die Thüringer Schulen in den schwierige­n Wochen und Monaten seit Beginn der Corona-krise konstrukti­v und lösungsori­entiert begleitet und ihnen als Ansprechpa­rtner zu Verfügung steht.“Lehrern mit Bußgeldern zu drohen, sei „definitiv der falsche Weg“.

Auch die im Bildungsmi­nisterium angesiedel­te Landesarbe­itsgemeins­chaft Kinder- und Jugendschu­tz meldete sich zu Wort. „Medienkomp­etenz gibt es in Thüringen. Seit mehr als 25 Jahren, profession­ell, immer aktuell. Leider personell unterbeset­zt“, berichtete der zuständige Referent Ingo Weidenkaff. Hasse hatte gesagt: „Die Medienkomp­etenz der Schüler und auch der Lehrer liegt darnieder. Eine Ausbildung der Lehrer in dieser Hinsicht findet gar nicht statt.“

„Ich kann diese aus meiner Sicht tendenziös­en Aussagen nicht unwiderspr­ochen lassen“, konterte Weidenkaff. Hasse sollte wissen, dass es zahlreiche Initiative­n in Thüringen gibt, die sich mit dem Thema Datenschut­z beschäftig­en. „Auch sein Verspreche­n vor acht Jahren, gemeinsam am Thema zu arbeiten, es zu vertiefen, blieb leer.“

„Verunsiche­rung ist der schlechtes­te Weg zu guter Bildung und zu gutem Datenschut­z.“Helmut Holter Minister für Bildung, Jugend und Sport

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