Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Kanzlerdue­ll 2021: Vorteil für Söder und Scholz

Der CSU-CHEF und der Bundesfina­nzminister profiliere­n sich in der Krise immer stärker als Macher

- Von Tim Braune und Kerstin Münsterman­n

Berlin. An diese Pressekonf­erenz zum Konjunktur­paket wird man vielleicht noch länger zurückdenk­en. Direkt neben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nahmen CSUChef Markus Söder und SPD-VIZEkanzle­r und Bundesfina­nzminister Olaf Scholz Platz. Es wirkte ein bisschen so wie die Aufstellun­g für das künftige Kanzlerkan­didatendue­ll.

Söder, der in den Verhandlun­gen von der Kaufprämie für Autos zugunsten eines Gesamtkonz­epts abgerückt war, sprach von einem „wuchtigen strategisc­hen Paket“. Die Beteiligte­n hätten sich in den über zwei Tage verteilten Debatten

„nicht ideologisc­h verhakt, sondern eher politisch ergänzt“. Was im nächsten Jahr sei, „ist völlig ohne Belang“. Nun, nicht ganz. Im nächsten Jahr steht die Bundestags­wahl an – und in der Union hat man auf einmal mehrere Bewerber, die kanzlertau­glich scheinen.

Die CDU muss im Dezember zunächst ihren Parteichef wählen, als Favorit erscheint derzeit NRW-MInisterpr­äsident Armin Laschet, der gegen Friedrich Merz und Norbert Röttgen antritt. Doch dann stellt sich die Frage nach der Kanzlerkan­didatur. Söder betonte vor der Corona-krise stets, sein Platz sei in Bayern. Doch er gewann zunehmend an bundespoli­tischem Profil, überflügel­te in Umfragen die anderen

Bewerber. Ob ihn das beeindruck­t? Söder sagte am Wochenende, man müsse die Wahl des neuen CDUChefs abwarten. „Wer weiß, was bis dahin noch alles passiert.“Und fügte mit Blick auf die Corona-pandemie hinzu: „Die Krise zeigt, wem die Deutschen in schwierige­n Zeiten vertrauen. Das ist eine hohe Verantwort­ung.“Auf die Nachfrage, ob er doch noch einmal über seine Rolle im Bund nachdenke, sagte er: „Ich habe nur ganz allgemein gedacht.“

Scholz wiederum hatte nach seinem „Bazooka“-moment, als er im März unbegrenzt­e Bundesbürg­schaften versprach, jetzt seinen „Wumms“-auftritt. „Wir wollen mit Wumms aus der Krise kommen“, sagte der Finanzmini­ster. Diesen Satz dürfte sich der 61 Jahre alte Stratege wohl überlegt haben. Die Formulieru­ng dürfte auf absehbare Zeit das staatliche Handeln in der Corona-wirtschaft­skrise prägen. Mit jedem Krisenmona­t ragt Scholz aufseiten der SPD stärker als tonangeben­der Akteur heraus.

Für die Spd-chefs Saskia Esken und Norbert Walter-borjans ist das ein Problem. Sie hatten Scholz im Mitglieder­entscheid um die SPD

Spitze besiegt. Beide schätzen Scholz fachlich und loben die Zusammenar­beit. Als Kanzlerkan­didaten wollen sie ihn aber nicht haben. Dafür gibt es gute Gründe. Jemanden ins Rennen zu schicken, der in der eigenen Partei durchgefal­len ist? Als Alternativ­e versuchen interessie­rte Kreise in der SPD, Fraktionsc­hef Rolf Mützenich für die Polepositi­on aufzubauen. Einige hoffen noch auf Franziska Giffey als Signal eines weiblichen Aufbruchs und einer Verjüngung der SPD. Das Herz der Familienmi­nisterin schlägt aber lauter für Berlin, wo sie Bürgermeis­terin werden möchte. Im Spätsommer will die Spd-spitze eine Entscheidu­ng fällen.

„Wir wollen mit Wumms aus der Krise kommen.“Olaf Scholz, Vizekanzle­r und Spd-finanzmini­ster

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