Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Markus Huber tauscht Dirigentenstab vorübergehend gegen Kochlöffel und Schürze ein
Gotha. Die Thüringen-philharmonie Gotha-eisenach durchlebt schwere Zeiten. Der Konzert-spielbetrieb ruht seit Monaten wegen des Corona-lockdowns. Das letzte große Konzert erklang im Oktober, eine Operngala.
Dann folgten nur noch Auftritte in kleinen Besetzungen, zuletzt als Begleitung von Adventsgebeten. Orchesterproben fallen seit Wochen aus. Es gibt seit Januar Kurzarbeit. Chefdirigent Markus Huber tauscht seit diesen Montag gar den Dirigentenstab vorübergehend gegen Kochlöffel und Schürze ein. Er geht im Mehrgenerationenhaus Gotha beim Zubereiten der Mittagsgerichte zur Hand.
Doch die Musiker um Michaela Barchevitch lassen sich nicht unterkriegen. Die Intendantin strickt schon am Konzept, was nach dem Stillstand, ab April erklingen könnte, ebenso am Spielplan für die kommende Saison 2021/22. Das reiche weit ins Jahr 2023, sagt sie und fügt hinzu: „Mit und ohne Corona.“Jetzt müssen die Planungen zweigleisig gefahren werden.
Zu Beginn dieser Spielzeit 2020/21 hörte sich das noch viel zuversichtlicher an. Die Philharmonie-planer glaubten sich für alle PandemieEventualitäten gerüstet, hatten für die Folgemonate je drei ProgrammVariationen erstellt, um konzertfähig zu bleiben. Nur mit einer weiteren totalen Zwangspause wie im Frühjahr 2020 hatte wohl kaum einer gerechnet.
Doch ganz ist das Orchester nicht verstummt. Im Januar spielten die Gothaer und Eisenacher in Weimar an der Musikhochschule zu Auf
Bundesfreiwillige Leonie kocht jetzt montags mit Chefdirigent Markus Huber.
nahmeprüfungen von Studenten. Diese Kooperation gebe es schon lange. Doch alles andere sei wegen
der schwierigen Lage abgesagt worden. So auch das für Ende Februar anberaumte Projekt, eine Aufnah
me der Thüringen-philharmonie Gotha-eisenach in großer Besetzung für einen Thüringer Imagefilm. Als der zweite Lockdown sich angebahnt habe, sei mit Orchestervorstand und Betriebsrat besprochen worden, was noch machbar sei. Es wurde beschlossen, die Spielzeit im Sommer zu verlängern.
Sie werde nun voraussichtlich bis Ende Juli 2021 gehen. Deshalb sei der Sommerurlaub zweigeteilt worden, 14 Urlaubstage wurden in den Februar verlegt. „So können wir im Sommer länger spielen“, erklärt Barchevitch. Theoretisch würde die kommende Saison Ende August mit dem Barockfest auf Schloss Friedenstein und den Bachwochen in Gotha und Ohrdruf beginnen.
Der Blick ist auf die kommenden Wochen fokussiert. Ständig gelte es mit Solisten und Gastdirigenten Absprachen zu treffen, damit deren Auftritte mit dem Spielplan des Orchesters harmonieren. Diese Permanenz führe sie selbst manchmal an die Grenzen ihrer Kräfte, räumt Michaela Barchevitch ein.
Für die Künstler sei die Lage momentan besonders prekär. Teile der Honorare seien an Gastsolisten dieser Spielzeit ausgezahlt worden, mit der Option, sich in den kommenden Monaten oder Jahren neu zu arrangieren.
Ähnliches gilt auch für Geigerin Midori Seiler. Die Spezialistin historischer Aufführungspraxis ist Artist in Residence der Philharmonie in dieser Spielzeit. Keines ihrer Konzerte konnte sie bislang geben. Im März wolle sie nach Gotha kommen, um das Projekt mit Vivaldis „Vier Jahreszeiten“vorzubereiten. Das gelte auch für die Ballett-vorstellungen mit dem Eisenacher Landestheater.
Michaela Barchevitch bleibt trotz der angespannten Lage optimistisch: „Wir sind einfallsreich, um auf jede sich öffnende Situationen zu reagieren.“