Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Angriff aus der Nische
Die Pläne für einen Wasserstoff-lastwagen aus Ostthüringen werden konkreter
Löbichau. Auf dem Markt für abgasfreie Laster ist ein dramatischer Wettlauf ausgebrochen. „2021 wird das Jahr, in dem sich herausstellt, wer mithalten kann“, sagt Serhat Yilmaz. Sein Job ist es, dafür zu sorgen, dass der Name Framo dabei eine ernstzunehmende Rolle spielt. Seit März ist er verantwortlich für Marketing und Geschäftsentwicklung bei dem mittelständischen Unternehmen in Löbichau im Altenburger Land.
Worum es geht, das haben er und die 250 Mitarbeiter bei Framo Eway jeden Tag vor Augen. Ihr Werk liegt an der A4, einer Hauptschlagader des Schwerlastverkehrs. Jeden Tag donnern hier Tausende Sattelzüge vorbei. Ihren Dieselausstoß zu verringern, ist das erklärte Ziel der Klimapolitik. Bis 2030 soll ein Drittel aller Nutzfahrzeuge in Deutschland ohne Verbrenner unterwegs sein, kündigte jüngst die Bundesregierung an. Der Maschinenbauverband VDMA spricht von 800.000 elektrisch betriebenen Lkw bis zum Jahr 2025. „Das kann niemand allein erreichen“, ist sich Yilmaz sicher.
Aber wie kommt er darauf, dass ausgerechnet Framo E-way dabei Branchenriesen wie Daimler, Volvo, Hyundai oder Iveco die Stirn bieten kann?
Worauf es jetzt ankomme, seien „Geschwindigkeit und Skalierbarkeit“, sagt Marketing-chef Yilmaz. Das heißt: Es muss schnell entwickelt werden – und die Firmen müssen beweisen, dass sie in gewünschten Mengen liefern können.
Er hofft auf den vielleicht entscheidenden Vorsprung, den sich die Techniker und Ingenieure in ihrer Nische im abgelegenen Löbichau erarbeitet haben.
Seit 2014 rüstet Framo E-way konventionelle Lkw auf Batteriebetrieb um, vom Kleinlaster bis zum 40-Tonner. Längst entstehen hier keine glitzernden Prototypen fürs Prospekt mehr. Framo-laster fahren als Müllautos bei Stadtwerken, beliefern die Läden großer Supermarktketten, unterstützen Logistiker auf kurzen Strecken.
Mitte März sorgte eine Mitteilung der Framo branchenweit für Aufmerksamkeit: Noch in diesem Jahr, spätestens Anfang 2022, soll in Löbichau der Prototyp eines Wasserstoff-lkw vorgestellt werden. „Wir haben jahrelang geforscht, entwickelt und gearbeitet, jetzt sind wir so weit“, verkündete Technik-chef Ralf Binnenbruck selbstsicher.
Es geht darum, die Lücke zum Fernverkehr zu schließen. „Ich bin überzeugt davon, dass beide Antrieben künftig ihren Platz haben“, erklärt Serhat Yilmaz, „der Batteriebetrieb bis 200 Kilometer, die Brennstoffzelle auf langen Strecken.“Größere Reichweite, einfacheres Betanken, geringeres Gewicht, das verspricht die Wasserstoff-technologie.
Auch beim Batteriebetrieb verkündet die Framo ambitionierte Ziele. Derzeit rüstet das Unternehmen etwa 50 Fahrzeuge im Jahr um – künftig sollen es 1000 sein. Dafür wurde jetzt eine Kooperation mit der FES in Zwickau, der Fahrzeugentwicklung Sachsen, geschlossen. Die FES, 1992 hervorgegangen aus der Entwicklungsabteilung von Sachsenring, treibt im Auftrag großer Hersteller neue Fahrzeugkonzepte bis zur Serienreife. Auch der Wasserstoff-truck soll ein gemeinsames Projekt mit der FES werden.
Um noch mehr Framo-laster auf die Straßen zu bringen, verfolgen die Mitarbeiter eine weitere Idee: Umrüst-kits könnten vorbereitet und weltweit genutzt werden. Mit großen Partnern könnte Framo ein Markenzeichen der Verkehrswende werden. Der Wettlauf ist noch nicht entschieden.