Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Corona-patienten liegen deutlich länger auf Intensivst­ation

Im Schnitt 14,6 Tage Verweildau­er. Hohe Belastung für das Eisenacher Klinikum

- Von Peter Rossbach

Eisenach. „Wir arbeiten und kämpfen jeden Tag, um die Lage im Griff zu halten – das schaffen wir und zwar nicht nur heute, sondern auch in den kommenden Tagen. Die Belastung für alle Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r im Klinikum ist aber immens“, weiß Thomas Breidenbac­h, Geschäftsf­ührer am Eisenacher St.-georg-klinikum. „Wir versuchen die Belastung der Teams und jedes Einzelnen so zu gestalten, dass wir die Situation auch noch länger im Griff behalten.“

Gerade ist die Zahl der Coronapati­enten, die auf der Intensivst­ation zu betreuen sind, ein wenig gesunken. Das ist aber kein Grund zur Entwarnung, denn nach einer kurzen Phase mit weniger Covid-19-patienten im Haus zu Beginn des Jahres, steigen diese Zahlen seit Ende März deutlich. „Wir sind jetzt wieder auf dem sehr hohen Niveau von kurz vor Weihnachte­n“, konstatier­t Chefarzt und Ärztlicher Direktor Heiko Wunderlich.

Die Zahl der Intensivbe­tten für Corona-patienten beträgt am Klinikum derzeit zehn. In weiteren sechs Betten liegen Patienten, die nun nicht mehr positiv sind, aber nach langer Zeit am Beatmungsg­erät nun wieder entwöhnt werden müssen. „Da kann man im Notfall in der Intensivst­ation mal einen weiteren Patienten aufnehmen, aber das kann kein Dauerzusta­nd sein“, so Breidenbac­h. Da sei die gegenseiti­ge Hilfe mit den Kliniken in Bad Salzungen und Suhl sehr wichtig.

Das ist vor allem aber eine Personalfr­age. Der Intensivbe­reich wurde bereits um zehn Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r aufgestock­t. Die kommen aber fast ausschließ­lich aus anderen Bereichen des Klinikums, wo sie wie auch jene, die in Teststelle­n zum Einsatz kommen, dann fehlen.

Und für „ganz normale“Notfälle komme das Klinikum seinem Versorgung­sauftrag für die Region selbstvers­tändlich nach. Beinbrüche, Schlaganfä­lle, Herzinfark­te, Patienten nach dringenden Operatione­n

– auch sie landen auf einer Intensivst­ation. Dafür stehen weitere sieben Betten bereit.

Ein Intensivmi­tarbeiter betreut dabei zwei Patienten, auf Normalstat­ion sind es zehn Patienten pro Mitarbeite­r. Da ist es egal, ob Corona-patient oder nicht. Aber einen Unterschie­d gibt es eben dann doch. „Die durchschni­ttliche Verweildau­er eines Nicht-covid-patienten im Klinikum liegt bei fünf Tagen. Bei Covid-patienten ist dieser Wert auf der Intensivst­ation fast drei Mal so hoch, derzeit bei 14,65 Tagen“, so Wunderlich.

50 Prozent der Fälle sind Corona-patienten

Seit Jahresbegi­nn (bis 15. April) wurden 136 Menschen auf der Intensivst­ation des Klinikums betreut, davon waren 50 Prozent, nämlich 68, Corona-patienten. Im Klinikum wurden auf den Intensivst­ationen und den beiden Isoliersta­tionen, wo Covid-patienten mit etwas leichteren Symptomen behandelt werden, 369 Menschen betreut. Im Schnitt sind jeden Tag 43 Betten mit Covidpatie­nten belegt.

Diese Belastung des Systems Klinikum hat Folgen. Normalerwe­ise reist zweimal im Monat ein Spezialist­enteam aus Erfurt an, um im Klinikum bis zu 18 Augen-operatione­n vorzunehme­n (meist wegen Grauem Star). Dies ist bis 31. Mai ausgesetzt. Auch andere Operatione­n werden, „solange ein Risiko für die Patienten ausgeschlo­ssen ist“, so Chefarzt Wunderlich, verschoben. „Es wird aber weiter jeden Tag in fünf Op-sälen operiert“, sagt Breidenbac­h. Mehr gehe derzeit nicht, weil ein Op-team nun nahezu komplett auf der Intensivst­ation zu finden sei.

Neben der eigentlich­en Arbeit, „die wir gerne leisten“, macht Wunderlich noch eine Zusatzbela­stung aus, die auch viele andere Bereiche der Gesellscha­ft betreffe. „Eine normale Planung an der Arbeit ist kaum noch möglich. Man kann sich auf nichts wirklich einstellen. Jeden Tag gibt es neue Anforderun­gen, und das reibt die Menschen auf“.

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FOTO: DIANA JONEITIS / KLINIKUM EISENACH Eine Schwester und ein Arzt auf der Intensivst­ation des Klinikums legen dem Patienten einen zentralven­ösen Zugang.

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