Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Corona-patienten liegen deutlich länger auf Intensivstation
Im Schnitt 14,6 Tage Verweildauer. Hohe Belastung für das Eisenacher Klinikum
Eisenach. „Wir arbeiten und kämpfen jeden Tag, um die Lage im Griff zu halten – das schaffen wir und zwar nicht nur heute, sondern auch in den kommenden Tagen. Die Belastung für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Klinikum ist aber immens“, weiß Thomas Breidenbach, Geschäftsführer am Eisenacher St.-georg-klinikum. „Wir versuchen die Belastung der Teams und jedes Einzelnen so zu gestalten, dass wir die Situation auch noch länger im Griff behalten.“
Gerade ist die Zahl der Coronapatienten, die auf der Intensivstation zu betreuen sind, ein wenig gesunken. Das ist aber kein Grund zur Entwarnung, denn nach einer kurzen Phase mit weniger Covid-19-patienten im Haus zu Beginn des Jahres, steigen diese Zahlen seit Ende März deutlich. „Wir sind jetzt wieder auf dem sehr hohen Niveau von kurz vor Weihnachten“, konstatiert Chefarzt und Ärztlicher Direktor Heiko Wunderlich.
Die Zahl der Intensivbetten für Corona-patienten beträgt am Klinikum derzeit zehn. In weiteren sechs Betten liegen Patienten, die nun nicht mehr positiv sind, aber nach langer Zeit am Beatmungsgerät nun wieder entwöhnt werden müssen. „Da kann man im Notfall in der Intensivstation mal einen weiteren Patienten aufnehmen, aber das kann kein Dauerzustand sein“, so Breidenbach. Da sei die gegenseitige Hilfe mit den Kliniken in Bad Salzungen und Suhl sehr wichtig.
Das ist vor allem aber eine Personalfrage. Der Intensivbereich wurde bereits um zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgestockt. Die kommen aber fast ausschließlich aus anderen Bereichen des Klinikums, wo sie wie auch jene, die in Teststellen zum Einsatz kommen, dann fehlen.
Und für „ganz normale“Notfälle komme das Klinikum seinem Versorgungsauftrag für die Region selbstverständlich nach. Beinbrüche, Schlaganfälle, Herzinfarkte, Patienten nach dringenden Operationen
– auch sie landen auf einer Intensivstation. Dafür stehen weitere sieben Betten bereit.
Ein Intensivmitarbeiter betreut dabei zwei Patienten, auf Normalstation sind es zehn Patienten pro Mitarbeiter. Da ist es egal, ob Corona-patient oder nicht. Aber einen Unterschied gibt es eben dann doch. „Die durchschnittliche Verweildauer eines Nicht-covid-patienten im Klinikum liegt bei fünf Tagen. Bei Covid-patienten ist dieser Wert auf der Intensivstation fast drei Mal so hoch, derzeit bei 14,65 Tagen“, so Wunderlich.
50 Prozent der Fälle sind Corona-patienten
Seit Jahresbeginn (bis 15. April) wurden 136 Menschen auf der Intensivstation des Klinikums betreut, davon waren 50 Prozent, nämlich 68, Corona-patienten. Im Klinikum wurden auf den Intensivstationen und den beiden Isolierstationen, wo Covid-patienten mit etwas leichteren Symptomen behandelt werden, 369 Menschen betreut. Im Schnitt sind jeden Tag 43 Betten mit Covidpatienten belegt.
Diese Belastung des Systems Klinikum hat Folgen. Normalerweise reist zweimal im Monat ein Spezialistenteam aus Erfurt an, um im Klinikum bis zu 18 Augen-operationen vorzunehmen (meist wegen Grauem Star). Dies ist bis 31. Mai ausgesetzt. Auch andere Operationen werden, „solange ein Risiko für die Patienten ausgeschlossen ist“, so Chefarzt Wunderlich, verschoben. „Es wird aber weiter jeden Tag in fünf Op-sälen operiert“, sagt Breidenbach. Mehr gehe derzeit nicht, weil ein Op-team nun nahezu komplett auf der Intensivstation zu finden sei.
Neben der eigentlichen Arbeit, „die wir gerne leisten“, macht Wunderlich noch eine Zusatzbelastung aus, die auch viele andere Bereiche der Gesellschaft betreffe. „Eine normale Planung an der Arbeit ist kaum noch möglich. Man kann sich auf nichts wirklich einstellen. Jeden Tag gibt es neue Anforderungen, und das reibt die Menschen auf“.